Die Bewertung von Immobilien kann im Einzelfall problematisch sein. Grundsätzlich gilt aber, dass eigengenutzte Immobilien mit dem Substanzwert bewertet werden, während vermietete Objekte nach dem Ertragswert zu beurteilen sind.
Des Weiteren ist die latente Steuer zu berücksichtigen. Dies ist zwar umstritten, jedoch hat sich der BGH schon seit Jahren darauf festgelegt.
Zitat
Für die stichtagsbezogene Bewertung von Unternehmen im Zugewinnausgleich ist in der Rechtsprechung des Senats zwar anerkannt, dass eine latente Steuerlast wertmindernd ins Gewicht fällt. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist, vielmehr handelt es sich um eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, darf nicht außer Betracht bleiben, dass wegen der damit verbundenen Auflösung der stillen Reserven dem Verkäufer wirtschaftlich nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt. Insoweit geht es um unvermeidbare Veräußerungskosten (…).
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es aus Gründen der Gleichbehandlung im Rahmen dieser Bewertungsmethode deswegen geboten, eine latente Steuerlast auch bei der Bewertung anderer Vermögensgegenstände (etwa bei Grundstücken, Wertpapieren oder Lebensversicherungen) dann zu berücksichtigen, wenn deren Veräußerung – bezogen auf die Verhältnisse am Stichtag und ungeachtet einer bestehenden Veräußerungsabsicht – eine Steuerpflicht auslösen würde. Denn eine Bewertung, die auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt, hat die mit einer Veräußerung zwangsläufig verbundene steuerliche Belastung wertmindernd einzubeziehen (…).
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Eheleute nach Trennung Immobilienmiteigentum übertragen. Ein Ehegatte wird dabei vor dem Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens aus der gemeinsamen Immobilie schon ausgezogen sein. Dies kann steuerliche Folgen (Spekulationsteuer) nach sich ziehen, wenn seitens des ausgezogenen Ehegatten die Immobilie im Jahr der Veräußerung nicht mehr genutzt worden ist.
Der BFH hat dies wie folgt entschieden:
Zitat
1. Eine (willentliche) Veräußerung i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG kann auch dann vorliegen, wenn der Ehegatte seinen Miteigentumsanteil an dem im Miteigentum beider Ehepartner stehenden Einfamilienhaus vor dem Hintergrund der drohenden Zwangsvollstreckung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung (entgeltlich) auf seinen geschiedenen Ehepartner innerhalb der Haltefrist überträgt.
2. Der Ehegatte nutzt seinen Miteigentumsanteil nach dem Auszug aus dem Familienheim nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG, selbst wenn der geschiedene Ehepartner und das gemeinsame minderjährige Kind weiterhin dort wohnen.
Aber auch wenn keiner der Eheleute vor Ablauf der Spekulationsfrist über sein Miteigentum verfügen will, ist die Steuer latent zumindest beim ausgezogenen Ehegatten zu berücksichtigen.
Beispiel:
M und F haben im Jahr 2015 geheiratet und waren damals noch vermögenslos. Während der Ehe wurde im Jahr 2020 eine Immobilie gemeinsam für 500.000 EUR erworben. Im Grundbuch sind die Eheleute als Miteigentümer eingetragen. Zum Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens am 5.9.2024 ist die Immobilie aufgrund der Wertsteigerung bereits 1 Million wert. Die Eheleute haben die Immobilie in ihrem Endvermögen und weiteres Vermögen von jeweils 100.000 EUR. Die latente Steuer, die auf das Miteigentum des ausgezogenen Ehegatten anfällt, soll mit 40.000 EUR angesetzt werden.
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F |
M |
AV |
0 EUR |
0 EUR |
EV |
Aktien: 100.000 EUR |
KapLV: 100.000 EUR |
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Immobilien: 500.000 EUR |
Immobilien: 500.000 EUR |
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latente Steuer: 40.000 EUR |
Zugewinn |
600.000 EUR |
560.000 EUR |
Ergebnis: Anspruch M gegen F – 20.000 EUR
Härtl fasst dies treffend wie folgt zusammen:
Zitat
"Bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs folgen daraus Ergebnisse, die dem Mandanten nur schwer zu erklären sind: Wer darum kämpft, mit den gemeinsamen Kindern im Familienheim bleiben zu können, muss sich (nach entsprechender Information durch den Anwalt!) darüber im Klaren sein, dass sich das im Zugewinn zu seinen Lasten auswirken kann. Der Miteigentumsanteil des Ausziehenden ist, anders als der des Verbleibenden, mit einer latenten Steuerlast belegt, die den Zugewinnausgleichsanspruch des Verbleibenden massiv reduzieren kann. Dieser zahlt dadurch eine Steuer mit, die nie anfallen wird, und nach dem Willen meist beider Ehegatten gerade vermieden werden soll."