1. Nach § 2077 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist (rechtskräftige Scheidung, § 1564 S. 2 BGB, oder Aufhebung der Ehe, § 1313 BGB).
§ 2077 BGB enthält eine Auslegungsregel, nach der eine zugunsten des Ehegatten errichtete Verfügung von Todes wegen im Zweifel nur wirksam bleiben soll, solange die Ehe besteht. Die Vorschrift begründet aber keine gesetzliche Vermutung. Nach § 2077 Abs. 3 BGB ist die Verfügung nicht unwirksam, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch für den Fall der Auflösung der Ehe getroffen haben würde. In der Praxis gibt es (allerdings seltene) Fälle, in denen die Scheidungsvereinbarung einen flankierenden Erbvertrag der Ehegatten erfordert, mit dem ein Ehegatte von Todes wegen bedacht wird. Hier ist ausdrücklich klarzustellen, dass der Erbvertrag auch bei Scheidung der Ehe wirksam bleibt.
2. § 2077 Abs. 1 S. 2 BGB übernimmt die Regelung des § 1933 BGB für letztwillige Verfügungen. Hat der Erblasser die Scheidung der Ehe beantragt oder ihr zugestimmt und waren zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben, ist seine letztwillige Verfügung, mit der er seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam. Dagegen bleibt (auch hier) die letztwillige Verfügung des anderen scheidungsunwilligen Ehegatten, der der Scheidung nicht zugestimmt hat, weiterhin wirksam.
3. Nach § 2268 BGB ist ein gemeinschaftliches Testament in den Fällen des § 2077 BGB seinem gesamten Inhalt nach unwirksam, also grundsätzlich mit Scheidung der Ehe. Liegen die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 S. 2 BGB vor, hat also der verstorbene Ehegatte die Scheidung der Ehe beantragt oder ihr zugestimmt und waren zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung gegeben, und stirbt der andere Ehegatte während des Verfahrens, der weder die Scheidung der Ehe beantragt noch ihr zugestimmt hat, bleibt das gemeinschaftliche Testament wirksam.
4. Nach § 2279 Abs. 2 BGB gilt die Vorschrift des § 2077 BGB für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten auch insoweit als ein Dritter bedacht ist.
5. Liegen die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1 S. 2 BGB vor, ist die letztwillige Verfügung unwirksam, zugleich entfällt auch das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht des anderen Ehegatten nach § 1933 S. 1 BGB, diesem verbleibt jedoch nach § 1371 Abs. 2 BGB der Anspruch auf Zugewinnausgleich, soweit nicht Gütertrennung vereinbart ist.
6. Auch hier gilt das Gebot des sichersten Weges zur Beseitigung der letztwilligen Verfügung, nämlich deren sofortiger Widerruf durch den Erblasser.