Der BGH hat seine – bereits im Frühjahr 2009 begonnene – Linie fortgesetzt, wonach allen Überlegungen in Richtung eines "modifizierten Altersphasenmodells" eine Absage erteilt werden muss; diese Linie hat sich weiter verfestigt.
a) Beschluss vom 18.4.2012 ("Drei Kinder und Fahrdienst")
Aus der 1992 geschlossenen Ehe der Beteiligten waren drei Kinder hervorgegangen, die im September 1992, im Dezember 1994 und im September 1997 geboren wurden. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem OLG (März 2010) waren alle Kinder noch minderjährig und lebten im Haushalt der Kindesmutter. Die Eheleute trennten sich im Oktober 2006, die Scheidung ist seit 1.10.2009 rechtskräftig. Vor der Heirat hatte die 1964 geborene Ehefrau eine Ausbildung zur Krankenschwester abgebrochen. Aktuell erteilt sie am Nachmittag Klavierunterricht; nach der Trennung hat sie eine Zusatzausbildung zur Rhythmiklehrerin gemacht.
Nach ausführlicher Darstellung der im Rahmen von § 1570 BGB relevanten Grundsätze und dem Hinweis auf die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten für die Voraussetzungen einer Anspruchsverlängerung über die "Basiszeit" von 3 Jahren hinaus stellt der BGH unter Hinweis auf eine frühere Entscheidung fest, dass insbesondere an die Darlegung von kindbezogenen Gründen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürften. Besondere Bedürfnisse des Kindes (z.B. sportliche, musische oder andere Beschäftigungen) seien zu beachten, gerade auch im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang vom Berechtigten zu erbringenden Fahr- und Betreuungsleistungen. Daneben seien schulische Anforderungen an die Mitarbeit der Eltern (z.B. Hausaufgabenbetreuung, Klassenpflegschaft usw.) zu berücksichtigen, wobei der Unterhaltsberechtigte dies konkret vorzutragen habe. Was die Befugnis zu einer unveränderten Fortsetzung von Aktivitäten angehe, müsse im Ausgangspunkt darauf abgestellt werden, in welcher Form diese (vom Kind und den Eltern) schon zu Zeiten des Zusammenlebens durchgeführt worden seien; eine Begrenzung sei insoweit zu berücksichtigen, als diese Betreuungsleistungen und sonstigen Tätigkeiten nicht außer Verhältnis zu der dadurch gehinderten Erwerbstätigkeit stehen dürften. Gegebenenfalls müssten die Abläufe abweichend organisiert oder die Aktivitäten teilweise eingeschränkt werden, um sie mit der Erwerbstätigkeit des Elternteils in Einklang zu bringen.
Hinsichtlich der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit mit Kindesbetreuung könnten sich insbesondere bei mehreren Kindern Einschränkungen ergeben; auch die Eigenart der jeweiligen Erwerbstätigkeit (z.B. in Form von Schichtarbeit) sei zu berücksichtigen. Im Falle der Hilfe dritter Personen (z.B. der Großeltern) komme ein an Billigkeitskriterien orientierter Abzug vom Einkommen des Berechtigten in Betracht.
Die gesetzliche Neuregelung verlange keinen abrupten Wechsel von elterlicher Betreuung zur Vollzeittätigkeit, sondern nur einen gestuften Übergang. Von Bedeutung sei außerdem, ob Erwerbstätigkeit und Kindesbetreuung zu einer überobligationsmäßigen Belastung des betreuenden Elternteils führten. Am Morgen oder am späten Nachmittag/Abend seien regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen.
Im entschiedenen Fall besuchten alle drei Kinder die Schule und kämen in der Regel am Nachmittag aus der Schule zurück. Die beiden Söhne müssten wegen ihrer sportlichen Aktivitäten im Hinblick auf den unzureichenden öffentlichen Nahverkehr von der Mutter gefahren werden; eine Sportausübung vor Ort oder an einem mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Ort könne nicht verlangt werden. Beim jüngsten, 12-jährigen Sohn sei eine Hausaufgabenbetreuung erforderlich. Im Ergebnis könne die Ehefrau nur eine Erwerbstätigkeit von 30 Stunden/Woche ausüben und lediglich eine Anstellung als ungelernte Kraft finden; zusammen mit der zeitlich flexiblen Tätigkeit als Klavier- und Rhythmiklehrerin sei ein monatliches Einkommen von brutto 1.200,00 EUR/netto 910,00 EUR (bereinigt: 865,00 EUR) erzielbar. Der Gesichtspunkt der überobligationsmäßigen Belastung stehe der vom Ehemann geforderten Ausweitung der Tätigkeit entgegen.
b) Urteil vom 8.8.2012 ("Habilitation")
Aus der 1997 geschlossenen Ehe der Beteiligten war eine 1998 geborene Tochter hervorgegangen, die bei der Kindesmutter lebt. Diese ist promovierte Kunsthistorikerin; bis Februar 2010 hatte sie halbschichtig als Angestellte an der Universität gearbeitet und war danach arbeitslos. Schon vor der Ehe hatte sie mit Arbeiten an der Habilitation begonnen und die Habilitationsschrift im Juni 2010 vorgelegt. Das anschließende Prüfungsverfahren war zum Zeitpunkt der ...