Letzteres hat bewirkt, dass seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verschiedene Ansätze für einen de lege lata zulässigen Ausgleich konkurrierender Ehegattenunterhaltsansprüche diskutiert werden. Diese siedeln den Ausgleich im Wesentlichen auf der Ebene des § 1581 BGB oder aber des § 1609 BGB an. In ihren (rechnerischen) Ergebnissen weichen sie für die Beteiligten am jeweiligen unterhaltsrechtlichen Dreiecksverhältnis teilweise deutlich voneinander ab. Die Kenntnis der verschiedenen Auslegungsansätze und insbesondere ihrer Auswirkungen für die jeweiligen Beteiligten erweist sich anlässlich der Wahrnehmung eines entsprechenden familienrechtlichen Mandats daher als unerlässlich. Die Vielfalt der Auslegungsansätze eröffnet alternative, für die Mandantschaft mit erheblich voneinander abweichenden (finanziellen) Auswirkungen verbundene Argumentationsmöglichkeiten.
Die gegenwärtigen Vorschläge lassen sich auf drei wesentliche Empfehlungsströme zurückführen. Diese bewegen sich bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen von konservativen Ansätzen über gemischt konservativ/progressive Ansätze hin zu rein progressiven Ansätzen. Dabei berücksichtigt die konservative Herangehensweise vornehmlich die zeitliche Priorität der Unterhaltsansprüche und bleibt damit (konservativ) den Erwägungen des alten Unterhaltsrechts verhaftet. Die gemischt konservativ/progressive Herangehensweise verleiht der Schutzbedürftigkeit der Beteiligten ein starkes Gewicht, berücksichtigt aber auch die zeitliche Priorität. Mit der teilweisen Berücksichtigung der zeitlichen Priorität der Unterhaltsansprüche bleibt diese Methode (konservativ) den Erwägungen zum alten Unterhaltsrecht verbunden. Zugleich trägt sie (progressiv) dem mit der Unterhaltsreform von 2008 gestärktem Kriterium der Schutzbedürftigkeit Rechnung. Die progressive Herangehensweise wiederum richtet sich alleine am Grad der Schutzbedürftigkeit aus und setzt damit die legislativen Erwägungen zur stärkeren Berücksichtigung der Schutzbedürftigkeit der Beteiligten am nachhaltigsten um.
I. Konservativer Ausgleichsansatz
Der konservative Ansatz empfiehlt eine klassische Bestimmung des nachehelichen Unterhalts. Zunächst soll der Bedarf des geschiedenen Berechtigten nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt werden, sodann der Bedarf des nachfolgenden Ehegatten, der vom Bedarf des ersten Ehepartners geprägt und reduziert wird. Im Mangelfall sollen die derart festgestellten konkurrierenden Bedarfe auf der Ebene des § 1609 BGB je nach Rangverhältnis proportional gekürzt, vorweg befriedigt oder hintangestellt werden.
II. Gemischt konservativ/progressiver Ausgleichsansatz
Die gemischt konservativ/progressiven Empfehlungsansätze verschieben die Dreiteilungsmethode je nach Rangverhältnis im Ergebnis auf die Ebene der Leistungsfähigkeit. Dabei leiten die Empfehlungen die Verwendung der Dreiteilungsmethode auf der Ebene der Leistungsfähigkeit unterschiedlich her (durch eine "Annäherungsrechnung", eine "stufenweise, wechselbezügliche Annäherungsrechnung", eine "Annäherungsrechnung im Wege einer stufenweisen, proportionalen Kürzung der konkurrierenden Bedarfe" sowie eine schlichte "Dreiteilung der Bedarfe auf der Ebene des § 1581 S. 1 BGB").
Nach diesem Ansatz ist der Bedarf des geschiedenen Berechtigten konservativ nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen. Auf der Ebene der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen ist sodann nach dem Kriterium der "Billigkeit" in § 1581 S. 1 BGB zu prüfen, ob der Bedarf des nachfolgenden Ehegatten zu berücksichtigen ist.
Der Bundesgerichtshof hat die Ansiedlung des Ausgleichs konkurrierender Ehegattenunterhaltsansprüche auf der Ebene der Leistungsfähigkeit gebilligt. Er hat mittlerweile wiederholt festgestellt, dass dem Rang der konkurrierenden Ansprüche anlässlich der Billigkeitsentscheidung nach § 1581 S. 1 BGB ausschlaggebendes Gewicht zukommen solle. Er hat insbesondere gebilligt, dass bei Vorrang und damit höherer Schutzbedürftigkeit des ersten Ehepartners der Bedarf des zweiten Ehegatten nicht berücksichtigt werden soll. Bei Gleichrang und damit gleicher Schutzbedürftigkeit soll der Ausgleich im Wege der Dreiteilung der verfügbaren Einkünfte erfolgen. Für die bei ihm noch nicht verfahrensgegenständliche Rangkonstellation des Vorrangs des zweiten Ehegatten hat der Bundesgerichtshof sich bislang genauerer Vorgaben enthalten. Sein Urteil vom 7.12.2011 kann allerdings in dem Sinne verstanden werden, dass der Ausgleich in dieser Konstellation ebenfalls im Wege der Dreiteilung der verfügbaren Einkünfte erfolgen soll, weil nicht nur die Schutzbedürftigkeit, sondern auch die zeitliche Priorität der Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen ist. Der Bundesgerichtshof hat insoweit am Rande ausgeführt, dass es bei Vorrang des nachfolgenden Ehegatten "erst recht" geboten sei, diesen bei der Prüfung der Leis...