Auszüge aus der Bundestagsdebatte vom 7.7.2016(18. Wahlperiode, 183. Sitzung)
Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Tagesordnungspunkt 32)
Sebastian Steineke (CDU/CSU): Lassen Sie mich eines vorwegnehmen: Sachverständige sind für die Aufklärung komplizierter Sachverhalte im Gerichtsprozess ein wichtiger Baustein und daher unverzichtbar. Die Richterinnen und Richter sind zuweilen auf ihre Expertise angewiesen, um bei ihrer Entscheidungsfindung eine objektive Sicht der für sie oftmals fachfremden Dinge zu bekommen. Der öffentlichen Berichterstattung ist immer häufiger zu entnehmen, dass die Unabhängigkeit und Neutralität von gerichtlich bestellten Sachverständigen von den Bürgerinnen und Bürgern teilweise infrage gestellt werden. Zudem wird die Qualität gerichtlicher Gutachten regelmäßig angezweifelt. Diese Sorgen nehmen wir als Koalition ernst. Daher setzen wir nun eine auf Betreiben von CDU und CSU im Koalitionsvertrag verankerte Vorgabe mit diesem Gesetz um.
Was ändern wir nun im Einzelnen? Künftig müssen Sachverständige in allen Stadien des Gerichtsverfahrens prüfen, ob sie mit der Übernahme oder Durchführung des Auftrags in einem Interessenkonflikt stehen. Denkbar ist dies, wenn ein Sachverständiger zum Beispiel einer Prozesspartei persönlich sehr nahe steht oder bereits mehrfach für eine Seite tätig geworden ist. Eine solche Regelung hat natürlich keinen Wert, wenn sie nicht sanktionsbewehrt ist. Auf Initiative der Union haben wir daher in dem Gesetz bei Verletzung der Offenlegungspflicht durch den Sachverständigen die mögliche Verhängung eines Ordnungsgeldes durch das Gericht geregelt. Zudem verliert der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch, wenn er gegen die Eigenüberprüfung verstößt.
Weiterhin wird die Möglichkeit einer Anhörung durch das Gericht vor Ernennung des Sachverständigen eingeführt. Bislang stützte sich die Anhörung in der gerichtlichen Praxis auf den allgemeinen Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs nach Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Ein Überprüfungs- und Fragerecht der Parteien konnte bis dato erst im Rahmen eines Termins zur mündlichen Anhörung des bereits bestellten Sachverständigen zur Darlegung seines Gutachtens nach § 411 Absatz 3 Zivilprozessordnung ausgeübt werden. Um das Verfahren jedoch nicht unnötig zu verzögern, liegt eine Anhörung im Ermessen des Gerichtes. Eine Flexibilität des Gerichtes war uns als Union hierbei wichtig, da wir mit dem Gesetz auch dem Ziel einer Effektivierung und Beschleunigung der Zivilprozesse Rechnung tragen wollen.
Ein weiterer Punkt ist die nunmehr obligatorische Fristsetzung für die Abgabe eines Gutachtens durch das Gericht. Was in der Praxis bereits in mehr als der Hälfte der amts- und landgerichtlichen Zivilverfahren erster Instanz üblich und bislang als Sollregelung in der Zivilprozessordnung verankert war, wird nun gesetzlich festgeschrieben. Kommt der Sachverständige innerhalb dieser Frist seiner Pflicht zur Abgabe des Gutachtens nicht nach, soll das Gericht ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 3.000 EUR verhängen. Bislang war eine entsprechende Sanktion entsprechend Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch nur bis zu 1.000 EUR möglich. Bei der Fristsetzung wird das Gericht in der Praxis natürlich weiterhin die Arbeitsbelastung des Beauftragten und den zu erwartenden Umfang des Gutachtens berücksichtigen. Auch die Nachfristsetzung gemäß § 224 Absatz 2 Zivilprozessordnung bleibt auf begründeten Antrag des Sachverständigen weiterhin möglich.
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Die Neutralität und Unabhängigkeit von Sachverständigen ist ein wichtiges Gut, um das Vertrauen der Menschen in unseren Rechtsstaat zu stärken und die Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen zu gewährleisten. Mit dieser Gesetzesänderung schaffen wir eine größere Transparenz beim Auswahlverfahren durch das Gericht und stärken die Beteiligungsrechte der einzelnen Parteien. Insofern sind wir nun ein gutes Stück weiter.
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Dr. Sabine Sütterlin-Waack (CDU/CSU): Wir debattieren hier heute in 2./3. Lesung einen Gesetzentwurf, der sich mit der Qualität von Sachverständigengutachten in Familiensachen befasst. Bei der Frage, wo Kinder nach der Trennung ihrer Eltern behüteter aufwachsen, eine bessere Zukunft haben, bedienen sich Richter oft des Sachverstandes von Fachleuten im Rahmen eines Sachverständigengutachtens, welches dann zur Grundlage ihrer Entscheidung gemacht wird. Bislang müssen diese Sachverständigen keine Qualifikation nachweisen. Dieses ändern wir jetzt mit dem vorliegenden Gesetz. Sie müssen zukünftig zumindest über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen. Da bei Gutachten in Kindschaftssache...