Dr. Undine Krebs
Anwälte haben kein gutes Image in der Bevölkerung. So haben das Meinungsforschungsinstitut Forsa und der Beamtenbund bei einer Bürgerbefragung im Jahr 2012 herausgefunden, dass das höchste Ansehen in der Bevölkerung die Feuerwehrleute genießen. 95 % der Befragten hielten diesen Beruf für angesehen. Der Beruf des Richters wurde von 79 % für angesehen bewertet. Der Beruf des Anwalts lag gleichauf mit dem des Studienrats, den nur 56 % der Bevölkerung für angesehen hielten. Sehe ich mir Fernsehfilme an, erscheint mir dieses Ergebnis noch geschönt. Meist wird der Anwalt, wenn es denn keine explizite Anwaltsserie ist, als aalglatte, arrogante, geldgierige Person dargestellt. Aber auch in Büchern kommt er oft nicht gut weg. In einem witzig gemeinten Buch von Clemens Beöthy, das zum Inhalt hat, was Berufe über unser Liebesleben verraten, kommt auch der Anwaltsberuf vor. Offensichtlich kann der Autor Anwälte nicht leiden, denn er schreibt u.a. auch zum Charakter des Anwalts:
"Ohne Frage gibt es unter den männlichen Rechtsanwälten auch einen gewissen Anteil an Idealisten. ( … ) Beim Hauptstrom der Anwälte gehört das Rückgrat zeitlebens zu den Weichteilen. Farbe bekennen sie höchstens, wenn sie gerade aus dem Solarium hervorgekrochen kommen oder aus dem Karibikurlaub zurückkehren. Spätestens mit dem Eintritt in die erste Kanzlei tritt bei ihnen der Wunsch, sich für das Wohl ihrer Klienten einzusetzen, in den Hintergrund."
Nun wird man dagegen einwenden müssen, dass eine solche Äußerung überzogen und nicht fundiert ist. Aber auch ein renommierter Journalist wie der Spiegelautor Jan Fleischhauer hat wohl keine so guten Erfahrungen mit Anwälten gemacht. Er lässt uns in seinem Roman "Alles ist besser als noch ein Tag mit dir" an seinen Gefühlen und Erlebnissen angesichts seiner Scheidung teilhaben, die nach seinen eigenen Angaben die größte Katastrophe seines Lebens war. Er schreibt:
"Auf Scheidung spezialisierte Juristen nennen sich gerne Familienrechtler, aber das ist nur eine vornehme Bezeichnung für die blutigste Fachrichtung, die die Rechtswissenschaft zu bieten hat. Jeder versucht, die positiven Seiten zu betonen, so gut er kann, daran ist nichts Ehrenrühriges. Die Putzfrau heißt auch nicht mehr Putzfrau, sondern Facility Manager."
Der Leser erfährt, dass der Autor seine Anwältin auf Empfehlung eines Freundes gefunden hatte und diese wohl hauptsächlich im Arbeitsrecht tätig war. Im Nachhinein grübelt Herr Fleischhauer, ob er nicht besser gefahren wäre, hätte er einen harten Hund genommen, und er verrät uns, dass ihm manchmal Zweifel an der Kompetenz seiner Anwältin gekommen seien, was er darauf zurückführt, dass sie konsensorientiert war. Der Autor meint, dass der Arbeitsrechtler im Gegensatz zum Scheidungsanwalt den Ausgleich suche, wofür schon die langen Verhandlungen mit Verdi-Vertretern sorgen. Vielleicht war die Kollegin fachlich nicht so versiert. Das hat ihr Mandant aber ausdrücklich nicht beklagt, sondern er kreidete ihr an, dass sie auf eine einvernehmliche Lösung hinarbeitete, während auf der Gegenseite das Scheidungsmandat aggressiv gehandhabt wurde.
Fürchten einige Kollegen gerade dieses Urteil ihres Mandanten und suchen deshalb die Auseinandersetzung, damit sie nicht als schwach gelten? Das mag durchaus sein, aber gerade Familienrechtler sollten auf ein einvernehmliches Ergebnis hinarbeiten, und zwar so, dass diese Vorgehensweise dem Anwalt im Nachhinein nicht als mangelnde Fähigkeit angekreidet wird. Das geht aber nur, wenn beide Kollegen/Kolleginnen sich um eine gütliche Lösung bemühen. Herr Fleischhauer hat richtig erkannt:
"Mit der Wahl des Anwalts steht und fällt die Strategie für den Kampf, der einen die nächsten Monate, wenn nicht Jahre beschäftigen wird."
Aus dieser Erkenntnis sollten wir aber den Schluss ziehen, unsere Mandate als konsensorientierte Anwälte und nicht als harte Hunde zu führen.
Autor: Dr. Undine Krebs
Dr. Undine Krebs, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, München
FF 1/2018, S. 1