Ist nun diese einfachgesetzliche (verfassungsrechtlich jedenfalls nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht zwingend vorgezeichnete) geschlechtsindifferente Öffnung der Ehe ihrerseits mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar? In der politischen Diskussion wurde und wird dies immer wieder angezweifelt, nicht zuletzt unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung des BVerfG zum verfassungsrechtlichen Ehebegriff.
1. Ehegrundrecht: subjektives Abwehrrecht und objektive Wertentscheidung
In das aus Art. 6 Abs. 1 GG primär folgende Freiheitsgrundrecht wird durch die Öffnung der Ehe nicht eingegriffen. Bestehenden wie künftigen zweigeschlechtlichen Ehen wird die Freiheit, eine Ehe zu schließen und diese nach eigenen Lebensentwürfen auszufüllen, nicht dadurch beschnitten, dass anderen Paarbeziehungen dasselbe ermöglicht wird. Gewiss zieht jede Einbeziehung von anderen Gruppen unter gesetzliche Privilegierungstatbestände bisweilen auch Verteilungsfragen nach sich, was sich mittelbar zulasten der bisherigen Privilegierten auswirkt, weil Vorteile auf einen (obgleich finanzpolitisch hier nur in zu vernachlässigendem Umfang) größeren Personenkreis verteilt werden müssen; etwa steuer- und sozialrechtliche Bestimmungen zum Schutz der Ehe verringern die finanzielle Gesamtverteilungsmasse für alle Ehepaare. Ein mittelbarer Grundrechtseingriff liegt hierin aber nicht, schon weil hierzu noch separate politische Gestaltungsentscheidungen treten müssen, die ihrerseits dem Schutz insbesondere der Art. 3, Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen haben. Im Übrigen kommt es durch die Öffnung der Ehe ohnehin zu keinen weiteren finanzwirksamen Verschiebungen, weil aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG die Rechtsfolgen der Eingetragenen Lebenspartnerschaft bereits angeglichen waren.
Artikel 6 Abs. 1 GG enthält zudem eine objektive Wertentscheidung. Als deren Ausdruck enthält das Grundrecht einen Schutzauftrag, "einerseits alles zu unterlassen, was die Ehe schädigt oder sonst beeinträchtigt, und sie andererseits durch geeignete Maßnahmen zu fördern". Diese Schutz- und Förderpflicht wird durch eine Öffnung der Ehe jedoch ebenfalls ersichtlich nicht verletzt, weil der einfachgesetzliche Schutzgehalt in keiner Weise reduziert, sondern nur auf eine (quantitativ kleine) Gruppe weiterer Ehezugangsberechtigter ausgedehnt wird.
2. Institutsgarantie
In Betracht kommt daher allenfalls eine Verletzung der objektiv-rechtlichen Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG. Diese sichert "den Kern der das Familienrecht bildenden Vorschriften insbesondere des bürgerlichen Rechts gegen eine Aufhebung oder wesentliche Umgestaltung". Diese Institutsgarantie ist nach der Rechtsprechung mehr als eine bloße Kernbereichsgarantie. Sie kann vielmehr bereits verletzt sein, "wenn bestimmende Merkmale des Bildes von Ehe und Familie, das der Verfassung zugrunde liegt, mittelbar beeinträchtigt werden". Die Bestimmung, was Ehe als Verfassungsrechtsbegriff ausmacht, hat sich vor allem als Methodenproblem erwiesen. Angesichts der Begriffstradition, die auf ein vorverfassungsrechtliches Gesamtbild (Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV, BGB-Familienrecht) verweist, das ausgeformt wurde, lange bevor gleichgeschlechtliche Ehen auch nur als Regelungsoption diskutabel schienen, wird der Ehebegriff des Grundgesetzes im Lichte des Herkömmlichen und Tradierten ausgelegt. Es gehört zum Sinngehalt von institutionellen Gewährleistungen und Institutsgarantien, dass sie jedenfalls einen tradierten Kern enthalten, der gegen gesellschaftliche Veränderungen resistent sein soll. Die institutionelle Sicherung von Lebensbereichen entspringt letztlich einem Misstrauen in den demokratischen Prozess, sichert also – wie auch immer motivierte – Bestandsinteressen gegen Veränderungsprozesse ab. Man mag dies verfassungspolitisch als Argument dagegen anführen, gesellschaftliche Freiheitsbereiche durch die Verfassung nicht nur durch individuelle Rechte, sondern auch objektiv-institutionell zu strukturieren; Diskussionen über die institutionelle oder individualvertragliche Matrix des Familienrechts zeigen dies. Dass aber der geltende Art. 6 Abs. 1...