BGB §§ 1572 Nr. 1, 1579 Nr. 2, 3, 4 (a.F.), 1578b
Leitsatz
1. Die Anforderungen an Darlegung und Nachweis einer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit dürfen nicht überspannt werden, sondern müssen den Umständen des Falles entsprechen.
2. Verbleibende Zweifel dahin, dass der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit durch eine unterlassene Therapie mutwillig herbeigeführt hat, gehen zu Lasten des Unterhaltspflichtigen.
3. Das Verschweigen geringfügiger Einkünfte (insgesamt 380 EUR) in einem Gesamtzeitraum von sieben Monaten rechtfertigt nicht die Annahme eines Härtegrundes i.S. des § 1579 Nr. 2 und 4 BGB (a.F.), jedenfalls wenn sich die Einbeziehung dieses Betrages im Ergebnis auf den titulierten Unterhaltsanspruch nicht auswirkt und im Übrigen eine lange Ehedauer vorliegt.
4. Einer zeitlichen Befristung und Herabsetzung des Unterhaltes nach § 1578b BGB steht entgegen, wenn der Unterhalt Begehrende zu Beginn der Ehe, während des Studiums des Unterhaltspflichtigen, durch seine Erwerbstätigkeit maßgeblich zum Familieneinkommen beigetragen, vor Geburt des gemeinsamen Kindes qualifizierte Tätigkeiten ausgeübt, als Folge wiederholter berufsbedingter Umzüge der Familie und mehrfacher Arbeitsplatzwechsel über einen Zeitraum von 8 Jahren wegen der Erziehung des Kindes keine bzw. keine reguläre Tätigkeit und danach nur noch untervollschichtige Erwerbstätigkeiten wahrgenommen hat.
(Leitsätze der Einsenderin)
OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.8.2008 – 2 UF 16/07 (AG Merzig)
Sachverhalt
Die Parteien haben am 2.7.1974 die Ehe geschlossen, aus der ein Sohn – der am 19.1.1985 geborene B. – hervorgegangen ist. Seit November 2001 haben die Parteien getrennt gelebt. Durch das am 27.5.2003 verkündete Urteil des AG – Familiengericht – ist die Ehe seit diesem Tag rechtskräftig geschieden.
Die am 17.12.1952 geborene, heute 55 Jahre alte Klägerin ist gelernte Bürokauffrau. Sie hat eine Teilzeitstelle (3/4) als Sekretärin bei der Kirchengemeinde N. inne. Ihr durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen hat das Familiengericht – bereinigt um berufliche Wegekosten – mit monatlich 948 EUR festgestellt. Zusammen mit dem gemeinsamen Sohn bewohnt die Klägerin mietfrei die vormals eheliche Wohnung in dem in ihrem Alleineigentum stehenden Wohnanwesen in W.; die hierauf lastenden gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten der Parteien trägt sie auf Grund einer am 8.7.2003 vor dem LG in Saarbrücken in einem Prozessvergleich mit dem Beklagten getroffenen Freistellungsvereinbarung seit September 2003 alleine. Die Wohnung im Untergeschoss wird auf Grund eines in notarieller Urkunde vom 12.3.1993 eingeräumten lebenslangen dinglichen Wohnrechts unentgeltlich von ihren Eltern genutzt.
B. hat die Fachoberschule absolviert, danach zunächst ein Studium in B. begonnen und absolviert seit September 2006 ein "freiwilliges soziales Jahr" als Vorbereitung zu einer nunmehr angestrebten Ausbildung als Rettungssanitäter; er erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von 290 EUR.
Aus den Gründen
Der am 17.3.1952 geborene, derzeit 56 Jahre alte Beklagte ist Diplom-Ingenieur und vollschichtig als Betriebsleiter bei der M. GmbH beschäftigt. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen hat das Familiengericht – bereinigt um Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung und eine Zusatzkrankenversicherung, berufsbedingte Fahrtkosten sowie ratenweise monatliche Rückzahlungen an seinen Arbeitgeber wegen einer Gehalts-Überzahlung – mit monatlich 1.805 EUR bis Dezember 2003 bzw. 1.788 EUR ab Januar 2004 festgestellt. Der Beklagte zahlte und zahlt Barunterhalt für den gemeinsamen Sohn der Parteien in unterschiedlicher Höhe.
Mit ihrer am 4.12.2003 eingegangenen Klage hat die Klägerin den Beklagten auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 1.644 EUR nebst Zinsen für die Zeit von September bis Dezember 2003 sowie monatlich 411 EUR ab Januar 2004 in Anspruch genommen. Der Beklagte hat erstinstanzlich auf Klageabweisung angetragen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das Familiengericht – nach Beweisaufnahme – den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Unterhalt wie folgt zu zahlen: Unterhaltsrückstände für die Zeit von September bis Dezember 2003 in Höhe von insgesamt 972 EUR nebst Zinsen; laufenden monatlichen Unterhalt … ab Juli 2005 in Höhe von 250 EUR.
Gegen die Verurteilung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er die vollständige Klageabweisung erstrebt. Er behauptet zweitinstanzlich, die Klägerin sei entgeltlichen Nebenerwerbstätigkeiten in der Zeit von Mitte 2005 bis März 2006 in einem Ledermodengeschäft in L. und seit 2006 im Haushalt der Zeugin S. nachgegangen. Im Übrigen erstrebt er eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts der Klägerin.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Senat hat Beweis erhoben …
II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. In der Sache können die Berufungsangriffe dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen.
Der tatsächliche und rechtliche Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils...