Viele Leitlinien und auch die Düsseldorfer Tabelle legen für den Betreuungsunterhalt eines nichtehelichen Elternteils nach § 1615l II 2 BGB eine Untergrenze von 770 EUR fest. Das soll dem Problem Rechnung tragen, dass auch bei einer jungen Mutter, welche noch keinerlei Berufstätigkeit ausgeübt hat, das Existenzminimum gesichert werden muss, welches die Betreuung des Kindes ermöglicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass aus Gründen der Wahrung der Halbteilung dieser Bedarf nicht noch herabgesetzt werden kann. Der BGH ist dieser Beurteilung nun beigetreten.
Er betrachtet den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB als weitgehend inhaltsgleich mit dem Betreuungsunterhalt nach § 1615l II 2 BGB. Im Mangelfall hat der Aufstockungsunterhalt deshalb keine Bedeutung, denn der Grundsatz der Halbteilung (bzw. Dreiteilung) bewirkt, dass der Quotenbedarf das Existenzminimum von 770 EUR letztlich nicht übersteigen kann.
Gründe des Kindeswohls sprechen ebenfalls dafür, den Betreuungsunterhaltsbedarf – vorbehaltlich der Halbteilung – mit nicht weniger als dem Existenzminimum zu bemessen. Den Kindesunterhalt hat der Gesetzgeber selbst in § 1612a I 2 BGB mit einem Mindestunterhalt festgesetzt. Es liegt auf der Hand, dass der kindeswohlbezogene Zweck des Betreuungsunterhalts eine entsprechende Auslegung auch für §§ 1570, 1615l II 2 BGB nahe legt. Der Gesetzgeber selbst hat diese Konsequenz zwar nicht gezogen. Er hat diese Entscheidung der Rechtsprechung überlassen, jedoch keine Formulierung gewählt, welche einer Auslegung im Sinne eines Mindestbedarfs (vorbehaltlich der Halbteilung) entgegenstünde. § 1570 I BGB gibt überhaupt keinen Hinweis auf die Abhängigkeit des Bedarfs vom fiktiven Einkommen. § 1615l II 2 BGB gibt den Anspruch "soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann." Hier werden Erwerbstätigkeit und Erziehung im engen Zusammenhang erwähnt. Eine strenge Abhängigkeit der Unterhaltshöhe vom fiktiven Eigeneinkommen ist darin nicht erhalten, stattdessen aber gerade der Zweck hervorgehoben, die Mutter solle für Pflege und Erziehung zur Verfügung stehen. Das spricht dafür, in Analogie zu § 1612a I 2 BGB auch beim Betreuungsunterhalt einen Mindestbedarf anzunehmen (der allerdings nicht den Grundsatz der Halbteilung verletzen darf). Für diese Lösung spricht auch der Wortlaut des § 1609 Nr. 2 BGB: Hiernach haben den Vorrang "Elternteile, die wegen der Betreuung von Kindern …", nicht "Elternteile, soweit sie wegen der Betreuung von Kindern …". Der Vorrang knüpft also nicht an den Anspruch, sondern an die Person des Unterhaltsberechtigten an. Die Vorschrift vermittelt den Eindruck, dass im Mangelfall die Unterscheidung verschiedener Teile des Unterhalts nicht erforderlich sei. Das heißt: Im Mangelfall kommt nur der Betreuungsunterhalt in Betracht. Auch das Reformziel der Vereinfachung des Unterhaltsrechts spricht dafür, dem Gesetzeswortlaut folgend und in Übereinstimmung mit einem Teil der Literatur im Mangelfall den Vorrang auf den vollen Unterhaltsanspruch des wegen Kindesbetreuung privilegierten Elternteils zu beziehen. Wegen des Zusammenhangs mit § 1615l II 2 BGB bedeutet das zugleich, dass auch der Betreuungsunterhalt des nichtehelichen Elternteils nur bei Verletzung der Halbteilung das Existenzminimum unterschreiten kann. Die aktuelle Wende des BGH in seiner Rechtsprechung zum Mindestbedarf ist deshalb uneingeschränkt zu begrüßen.