Die Gründe, wegen derer einem Pflichtteilsberechtigten der Pflichtteil entzogen werden kann, werden vereinheitlicht; hierzu werden die §§ 2334 und 2335 BGB a.F. aufgehoben und § 2333 BGB ein Absatz 2 angefügt, der für die Pflichtteilsentziehung gegenüber Eltern und Ehegatten auf die Pflichtteilsentziehungsgründe gegenüber Abkömmlingen in Absatz 1 verweist. Weiterhin wird es möglich sein, Lebensnachstellungen, Verbrechen oder schwere vorsätzliche Vergehen des Pflichtteilsberechtigten durch eine Pflichtteilsentziehung zu sanktionieren. Die vorsätzliche körperliche Misshandlung wird aber nicht mehr gesondert genannt, sondern geht im Tatbestand des § 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F. (schweres vorsätzliches Vergehen) auf. Damit werden das Erziehungsprivileg, das sich aus dem mangelnden Verweis in § 2334 BGB a.F. auf § 2333 Nr. 2 BGB a.F. lesen ließ, und das Stiefkindprivileg, das sich aus dem Wortlaut des § 2333 Nr. 2 a.E. BGB a.F. ergab, endgültig abgeschafft.
Der im Falle von Lebensnachstellungen (§ 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.) und schweren vorsätzlichen Vergehen und Verbrechen (§ 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.) geschützte Personenkreis wird erweitert. Künftig sind Verfehlungen gegenüber dem Erblasser, dessen Ehegatten, anderen Abkömmlingen oder sonstigen, dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Personen erfasst. Unter letztere fallen insbesondere Stief- und Pflegekinder sowie der nichteheliche Lebensgefährte.
An die Stelle des heute nicht mehr handhabbaren Pflichtteilsentziehungsgrundes des Führens eines "ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels" tritt § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB n.F., der eine Pflichtteilsentziehung dann erlaubt, wenn der Berechtigte wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde und die Teilhabe am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Der Erblasser kann die Entziehung gem. § 2336 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. anordnen, sobald die Tat begangen ist und der Grund für die Unzumutbarkeit vorliegt. Es ist aber nicht erforderlich, dass der Pflichtteilsberechtigte noch vor der Anordnung der Pflichtteilsentziehung rechtskräftig verurteilt wurde; diese kann vielmehr sogar noch nach dem Tod des Erblassers erfolgen. Falls der Pflichtteilsberechtigte zum Zeitpunkt der Tat schuldunfähig war, so genügt auch die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt. Wie schon durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 2333 Nr. 1 BGB a.F. eingeläutet, werden die Pflichtteilsentziehungsvorschriften damit nicht mehr nur als Strafvorschriften verstanden, sondern Zumutbarkeitsgesichtspunkte auf Seiten des Erblassers vermehrt berücksichtigt. Unverändert bleiben die strengen formellen Anforderungen an die Anordnung der Pflichtteilsentziehung gem. § 2336 Abs. 1 bis 3 BGB.