1. Abschmelzungslösung bei der Pflichtteilsergänzung gem. § 2325 BGB
Lebzeitige Schenkungen werden nicht mehr uneingeschränkt mit zehnjähriger Rückwirkung im Rahmen der Pflichtteilsergänzung ausgeglichen. Der Gesetzgeber hat sich für eine "Abschmelzungslösung" entschieden, bei der ergänzungspflichtige Schenkungen wie folgt zeitanteilig gemindert werden: Schenkungen innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall werden zu 100 %, danach um jeweils 10 % vermindert angesetzt bis sie nach 10 Jahren vollständig unberücksichtigt bleiben. Die vorgeschlagene pro-rata-Lösung wird allerdings in den praxisrelevanten und wirtschaftlich bedeutsamen Fällen der Grundstücksübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt nicht eingreifen; denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH beginnt die Frist nicht zu laufen, solange der Erblasser trotz der Schenkung den verschenkten Gegenstand weiter nutzen kann. Bei Schenkungen an Ehegatten wird die Frist weiterhin nicht vor der Auflösung der Ehe beginnen, § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB. Entsprechende Änderungsvorschläge haben sich nicht durchsetzen können. § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB gilt auch für eingetragene Lebenspartner.
2. Erweiterung der Stundungsmöglichkeit des § 2331a BGB
Eine Stundung des Pflichtteilsanspruchs gem. § 2331a BGB kommt ab dem nächsten Jahr nicht mehr nur dann in Betracht, wenn der Erbe selbst auch pflichtteilsberechtigt ist, sondern bei jedem Erben. Dies soll nicht mehr wie bisher nur bei "ungewöhnlicher Härte", sondern schon bei "unbilliger Härte" gelten. Zumutbarkeitsgesichtspunkte auf Seiten des Pflichtteilsberechtigten sind nur noch im Rahmen der Abwägung, ob es sich um eine unbillige Härte für den Erben handelt, zu berücksichtigen. Die unbillige Härte muss sich allerdings weiterhin aus der Art der Nachlassgegenstände ergeben. Beispielhaft nennt § 2331a BGB n.F. den Fall, dass die sofortige Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs den Erben zur Aufgabe seiner Familienwohnung zwingen würde oder zur Veräußerung eines Wirtschaftsgutes, das die Lebensgrundlage des Erben bildet. Die Veräußerung zur Unzeit soll aber nach h.M. auch nach der Reform keine Stundung rechtfertigen können. Inwieweit es wirklich zu einer Belebung dieses Instituts in der Praxis kommen wird, bleibt abzuwarten.
3. Änderung von §§ 2305 f. BGB
Nach bisheriger Rechtslage ergaben sich erhebliche Anwendungsprobleme i.R.v. § 2306 BGB, die daraus resultieren, dass die Sätze 1 und 2 des § 2306 Abs. 1 BGB völlig unterschiedliche Rechtsfolgen, je nach Größe des zugewendeten Erbteils vorsahen. Die Probleme will die Reform beseitigen, indem sie die Unterscheidung zwischen dem bisherigen Satz 1 und Satz 2 abschafft. Nunmehr hat der Pflichtteilsberechtigte bei Beschränkungen oder Beschwerungen jeglicher Art die freie Wahl, das Erbe auszuschlagen und den vollen Pflichtteil zu verlangen oder das ihm Zugewendete anzunehmen. § 2305 S. 2 BGB n.F. stellt klar, dass im Falle der Annahme die Beschränkungen und Beschwerungen der Erbschaft nicht durch einen erhöhten Zusatzpflichtteil ausgeglichen werden. Ein Pflichtteilsrestanspruch kommt also nur in Betracht, wenn die zugewendete Erbquote kleiner ist als der Pflichtteil. Die Regelung besticht durch ihre Klarheit, verschärft aber die Gefahr von Kettenausschlagungen. Außerdem wird der Wille des Erblassers – entgegen der Grundbestrebung des Gesetzesvorhabens – durch die erweiterte Ausschlagungsmöglichkeit häufig konterkariert. Auch erfolgt keine Änderung in Bezug auf die Ausschlagungsfrist. Diese 6-wöchige Frist beginnt nach dem unveränderten Wortlaut mit der Kenntnis davon, dass der zugewandte Erbteil mit Beschränkung oder Beschwerung belastet ist. Innerhalb dieser kurzen Frist wird es dem Pflichtteilsberechtigten i.d.R. nicht gelingen, die für die Entscheidung erforderlichen Informationen über die Nachlassverhältnisse und die für die Pflichtteilsberechnung erforderlichen Faktoren zu gewinnen. Daher sollte auch nach neuem Recht an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten werden, die die Norm extensiv auslegte und von einem Fristbeginn erst dann ausging, wenn der Berechtigte Kenntnis von der Höhe des Pflichtteilsanspruchs und des Wertes des belasteten Erbteils hat; denn nur dann ist eine sinnvolle Entscheidung darüber möglich, welche der beiden Alternativen wirtschaftlich günstiger ist.