Das Kindschaftsrecht ist zwischen den Polen "Elternrecht" und "Kindesrechten" angesiedelt. Das Elternrecht ist, als "natürliches" begriffen und untrennbar mit einem Pflichtverhältnis verwoben, in der Verfassung ausdrücklich genannt (Art. 6 Abs. 2 GG). Die Rechte der Kinder ergeben sich aus ihrer Eigenschaft als Grundrechtsträger, zusätzlich hat das BVerfG sie auf Art. 6 Abs. 2 gestützt und aus dem Pflichtcharakter des Elternrechts abgeleitet. Indem der Staat in Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG sich die Aufgabe zumisst, über die Betätigung des Elternrechts zu wachen, entsteht ein Verantwortungsdreieck, das komplexe Fragen aufwirft. Zu vielem hat das Bundesverfassungsgericht Stellung bezogen, die Bemühungen des Gesetzgebers teils bestätigend, teils korrigierend. Es ist aber augenscheinlich nicht so leicht, klare Linien zu finden.
Die Stärkung der Rechte und Selbstbestimmungsinteressen der Kinder gehört offenbar zu den Anliegen des Bundesverfassungsgerichts. Als Beispiel diene die Entscheidung vom 20.5.1987: Das Gericht hielt es für unvereinbar mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Minderjähriger, dass die Eltern sie im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretungsmacht unbegrenzt verpflichten und somit überschuldet in die Volljährigkeit entlassen können. Dem verdanken wir das – allerdings erst 11 Jahre später erlassene – Gesetz zur Beschränkung der Haftung Minderjähriger und mit ihm den neuen § 1629a BGB. Als weiteres Beispiel ist die Anerkennung des Kindesrechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu nennen: Entscheidungen bereits aus den Jahren 1989 und 1994 zogen Änderungen im Recht der Vaterschaftsanfechtung nach sich.
In der Übersicht fällt auf, dass die vom BVerfG auf dem Feld des Kindschaftsrechts ausgehenden Impulse doch hauptsächlich den Elternrechten, häufig auch – zumindest faktisch – den Rechten der Väter zugute gekommen sind. Generell kann gesagt werden, dass die Gleichstellung der nichtehelichen Kinder die Rechte ihrer Väter erheblich gestärkt hat. Schon frühzeitig hat das Gericht die Beziehung zwischen dem nichtehelichen Kind und seinem Vater als "Familie" i.S.d. Art. 6 Abs. 1 GG anerkannt.
Aber auch die Väter ehelicher Kinder profitierten von der Stärkung der Elternrechte. Beispiel dafür ist die vom BVerfG erzwungene Einführung der Möglichkeit für geschiedene Eltern, das Sorgerecht weiterhin gemeinsam auszuüben. Das Sorgerechtsgesetz von 1979 hatte diese Möglichkeit unter dem Einfluss der damals herrschenden Bindungstheorie ausgeschlossen, selbst für den Fall, dass die beiden Eltern die Sorge weiterhin gemeinsam ausüben wollten. Wie zu erwarten, sah das BVerfG in dieser Regelung eine Verletzung des Elternrechts und erklärte die entsprechende Bestimmung 1982 für nichtig. Allerdings sah das Verfassungsgericht den Ausschluss der gemeinsamen Sorge nur unter engen Voraussetzungen als unzulässig an, nämlich nur in Fällen, in denen beide Eltern gewillt sind, die gemeinsame Verantwortung für ihr Kind nach der Ehescheidung weiter zu tragen, beide Elternteile darüber hinaus voll erziehungsfähig sind und auch keine sonstigen Gründe des Kindeswohls die Übertragung des Sorgerechts auf einen Elternteil angezeigt erscheinen lassen.
Wer erwartet hatte, der Gesetzgeber werde nun den Gehalt dieser Rechtsprechung in eine BGB-Vorschrift umgießen, sah sich getäuscht: Fünfzehn weitere Jahre blieb die beanstandete Vorschrift – in Schrägdruck, mit dem Vermerk "für nichtig erklärt" – in den Gesetzesausgaben stehen. Als die Kindschaftsrechtsreform 1997 sich der Sache schließlich annahm, scheint es die zeitliche Distanz erleichtert zu haben, sich von der "Vorlage" des Verfassungsgerichts zu lösen: Weder die Einigkeit der Eltern noch der Nachweis ihrer Erziehungsfähigkeit wurden zur Bedingung der gemeinsamen Sorge erhoben. Vielmehr läuft diese bei Trennung und Scheidung einfach in modifizierter Form weiter, wenn keine abweichende gerichtliche Regelung erfolgt. Den Weg zu diesem Rechtszustand hat aber gleichwohl die Entscheidung des BVerfG frei gemacht – dass daraus eine breite Straße würde, war im Jahre 1982 wohl kaum vorhersehbar. In den weithin typischen Fällen, in denen die Kinder nach der Scheidung bei der Mutter leben, ergab sich so eine wesentliche Verbesserung der Rechtsstellung der Väter, die nun in Betreuungs- und Erziehungsfragen von erheblicher Bedeutung ein gleichberechtigtes Mitspracherecht behalten.
Die faktische Stärkung der Väterrechte folgt auch aus der verfassungsrechtlichen Fundierung des Umgangsrechts als Element des Elternrechts und der Elternverantwortung. Da die Einschränkung des Umgangsrechts als Limitierung eines Elternrechts begriffen wird, dringt das Bundesverfassungsgericht weit in das Entscheidungsraster der Fachgerichte vor, etwa mit Erwägungen zur Frage, mit welchen Begründungen bei einem Kleinkind der Umgang in Form von Übernachtungen oder Ferienaufenthalten versagt werden darf oder inwieweit ein auch nur "indirekt" geäußerter Wunsch des Kleinkindes auf Bindungen schließ...