1. Zur Entwicklung bis Ende 2007
Seit einigen Jahren beobachten wir eine Tendenz, den nachehelichen Unterhaltsanspruch ohne zeitliche Begrenzung mehr und mehr infrage zu stellen und jedenfalls den Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) stärker zu begrenzen und zu befristen.
Nach Inkrafttreten der Eherechtsreform zum 1.7.1977 ist die Regelung über den nachehelichen Aufstockungsunterhalt von der herrschenden Meinung lange Zeit als dauerhafte, u.U. lebenslange sog. Lebensstandardgarantie verstanden worden. Daran haben auch die durch das Unterhaltsänderungsgesetz von 1986 eingefügten Regelungen über die zeitliche Begrenzung und die Herabsetzung von Unterhaltsansprüchen (§§ 1573 Abs. 5 und 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.) nicht wirklich etwas geändert. In der Rechtsprechung haben diese Vorschriften fast 20 Jahre lang eher ein Schattendasein geführt und unverständlicherweise nur wenig Bedeutung erlangt. Erst ab 2006 ist eine Befristung des Aufstockungsunterhalts auch bei langer Ehedauer für möglich erachtet worden.
Im Jahr 2007 hat der BGH dann einen noch weiter gehenden Schritt getan. Er hat beim nachehelichen Unterhalt nicht mehr entscheidend auf die Ehedauer, sondern darauf abgestellt, ob sich eine Einkommensdifferenz, die den Aufstockungsunterhalt begründen könne, als ehebedingter Nachteil darstelle, der einen unterhaltsrechtlichen Ausgleich zugunsten des bedürftigen Ehegatten rechtfertigen könne. Der Aufstockungsunterhalt biete keine – von ehebedingten Nachteilen unabhängige – Lebensstandardgarantie im Sinne einer fortwirkenden Mitverantwortung. Sei die Einkommensdifferenz nicht auf ehebedingte Nachteile, sondern darauf zurückzuführen, dass beide Ehegatten schon infolge ihrer Berufsausbildung einen unterschiedlichen Lebensstandard erreicht hatten, könne es im Einzelfall dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zumutbar sein, nach einer Übergangszeit auf den – höheren – Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er aus eigenen Einkünften erreichen kann.
2. Zur Neuregelung des § 1578b BGB
Diese Rechtsprechung ist anschließend in die zum 1.1.2008 in Kraft getretene Neuregelung des § 1578b BGB eingeflossen. Danach kommt es für den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nicht entscheidend auf die Dauer der Ehe und der Kindererziehung an, sondern auf das Vorliegen fortdauernder ehebedingter Nachteile. Ziel des nachehelichen Unterhalts ist jetzt vor allem der Ausgleich der Nachteile, die dem Berechtigten durch die Ehe und die während der Ehe praktizierte Aufgabenverteilung im Hinblick auf die Möglichkeiten, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen, entstanden sind. Eine sog. Lebensstandardgarantie gibt es nicht mehr. Der Berechtigte muss sich langfristig mit dem Standard begnügen, den er ohne die Eheschließung erreicht hätte; er soll mit dem Unterhalt nicht mehr haben als er hätte, wenn er unverheiratet geblieben wäre. In Fällen nicht ehebedingter Bedürftigkeit ist die Begrenzung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts nun die Regel. Basieren die unterschiedlichen Einkünfte der geschiedenen Eheleute auf deren unterschiedlicher Berufswahl schon vor der Eheschließung, liegt ein ehebedingter Nachteil nicht vor. Eine vollschichtige Tätigkeit im erlernten Beruf spricht gegen das Vorliegen ehebedingter Nachteile. Durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachte geringere Rentenanwartschaften gelten in der Regel als vollständig ausgeglichen, wenn ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat, und können dann bei der Frage einer Begrenzung von Unterhaltsansprüchen nicht herangezogen werden. Bei der Billigkeitsabwägung sind auch Belange des Unterhaltspflichtigen zu beachten. Der Gesetzgeber hat sogar in Kauf genommen, dass die gegebenenfalls aus der Begrenzung des Unterhalts resultierende Bedürftigkeit eines geschiedenen Ehegatten durch sozialstaatliche Leistungen aus öffentlichen Kassen abgedeckt wird. Fehlt es an fortwirkenden ehebedingten Nachteilen, ist dem unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten zuzumuten, nach einer Übergangszeit auf den Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten, und sich mit dem zu begnügen, was er ohne die Ehe erreicht hätte. Je kürzer die Ehe dauerte, umso kürzer ist regelmäßig die Übergangszeit zu bemessen, deren Dauer in den meisten Fällen ...