Der Gesetzgeber wollte das Unterhaltsrecht an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse und den eingetretenen Wertewandel anpassen. Er hat dabei drei Ziele verfolgt: die Stärkung des Kindeswohls, die Betonung des Grundsatzes der Eigenverantwortung nach der Ehe und die Vereinfachung des Unterhaltsrechts.[2] Wie sieht es mit der Umsetzung aus?

[2] BT-Drucks 16/1830, S. 1.

1.

a) Die geänderte Rangregelung des § 1609 BGB, durch die u.a. die Stärkung des Kindeswohls erreicht werden soll, sieht vor, dass minderjährige unverheiratete Kinder und privilegierte volljährige Kinder den ersten Rang einnehmen. Damit kommt den Unterhaltsansprüchen dieser Kinder, gleichgültig ob sie aus einer Ehe stammen oder aus einer nichtehelichen Beziehung hervorgegangen sind und ungeachtet des Umstandes, ob sie in der ersten oder einer weiteren Ehe des Unterhaltspflichtigen geboren worden sind, Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen zu. Im Mangelfall hat das zur Folge, dass nachrangige Unterhaltsberechtigte leer ausgehen. Das allein würde zwar noch keine Stärkung des Kindeswohls bewirken. Denn im wohl anzunehmenden Regelfall einer Bedarfsgemeinschaft zwischen betreuendem Elternteil und Kind ergeben sich hieraus im Ergebnis keine positiven Veränderungen, im Gegenteil: Da nur die Zahlung von Ehegattenunterhalt den durch das Realsplitting möglichen steuerlichen Entlastungseffekt beim Unterhaltspflichtigen zur Folge hat, können sich die für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Mittel im Vergleich zu der Zeit vor dem 1. Januar 2008 durchaus reduzieren.

§ 1609 BGB sieht aber noch eine weitere, für die Belange eines Kindes wesentliche Veränderung der Rangfolge vor: Im zweiten Rang finden sich all diejenigen, die ein Kind betreuen und deshalb unterhaltsbedürftig sind, und zwar gleichberechtigt nebeneinander. Insofern zeigt sich jedenfalls, dass sich die Verteilung der Mittel nach neuem Recht zugunsten von Kindern aus einer späteren Ehe auswirken kann. Früher kam nämlich auch der wegen Kindesbetreuung unterhaltsbedürftigen zweiten Ehefrau im Mangelfall ein Nachrang zu, wenn die erste Ehefrau ebenfalls nach § 1570 BGB unterhaltsberechtigt war. Durch den jetzigen Gleichrang – und im Verhältnis zu den Kindern: den Nachrang – der wegen Kinderbetreuung unterhaltsberechtigten Elternteile kann sich die Verteilung der Mittel zugunsten der nach einer gescheiterten Ehe geborenen Kinder verschieben. Sie müssen sich den Rang nicht mehr mit einem früheren Ehegatten teilen, so dass jedenfalls in der Bedarfsgemeinschaft zwischen dem nach einer ersten Ehe geborenen Kind und seinem Elternteil oder beiden Elternteilen mehr Mittel zur Verfügung stehen.

b) Außerdem ist die Rechtsstellung eines nichtehelichen Elternteils verbessert worden. Er steht – anders als früher – anderen Elternteilen im Rang gleich, die ein Kind des Unterhaltspflichtigen betreuen und deshalb unterhaltsbedürftig sind (§ 1609 Nr. 2 BGB). Zudem sind die Anforderungen gesenkt worden, unter denen ein nichtehelicher Elternteil über das Ende des dritten Lebensjahres eines Kindes hinaus nach § 1615 l BGB Betreuungsunterhalt verlangen kann, indem die Billigkeitsschwelle abgesenkt worden ist. Auch das ist als dem Kindeswohl dienend zu begrüßen. Es ist allerdings zugleich in den Blick zu nehmen, dass im Gegenzug die Anforderungen, unter denen eine geschiedene Ehefrau Betreuungsunterhalt verlangen kann, eine erhebliche Veränderung erfahren haben. § 1570 BGB wurde in Anlehnung an die Regelung des § 1615 l BGB umgestaltet. Das war der Entscheidung des BVerfG geschuldet, das es mit dem Gleichstellungsgebot von ehelichen und nichtehelichen Kindern in Art. 6 Abs. 5 GG für unvereinbar gehalten hat, die Dauer des Unterhalts, der für die Zeit der Betreuung von Kindern verlangt werden kann, grundsätzlich unterschiedlich zu bemessen, je nachdem ob das Kind ehelich oder nichtehelich geboren worden ist.[3] Der Gesetzgeber musste deshalb entscheiden, welchen Weg der Anpassung er wählt: eine Erweiterung des Unterhalts nach § 1615 l BGB oder – wie geschehen – eine Einschränkung desjenigen nach § 1570 BGB.

c) Im Zusammenhang mit der von der Unterhaltsreform beabsichtigten Förderung des Kindeswohls sind weiter die deutlich einfachere Handhabung des Unterhalts eines minderjährigen Kindes und die Einführung eines Mindestbedarfs in Höhe des Existenzminimums zu nennen. Nach dem neugefassten § 1612a Abs. 1 BGB kann ein minderjähriges Kind von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des Mindestunterhalts verlangen. Dabei wird an einen Mindestbetrag angeknüpft, der sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes nach dem Einkommensteuergesetz richtet und der unterhaltsrechtlich nach drei Altersstufen aufgeteilt wird. Mit der Ankoppelung an die steuerrechtliche Regelung ist zugleich die Differenzierung hinsichtlich des Bedarfs danach entfallen, ob ein Kind in den alten oder in den neuen Bundesländern lebt. Der maßgebliche Freibetrag ist zu...

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