Abänderung von Unterhaltstiteln

Zu Unterhaltszahlungen kann auch wegen künftig fällig wiederkehrenden Leistungen in einer Entscheidung verpflichtet werden (§ 258 ZPO). Diese ergeht aufgrund einer Vorausschau (Prognose) der künftigen Verhältnisse. Aus Gründen der Billigkeit kann die Rechtskraft der Unterhaltsentscheidung auf einen Abänderungsantrag nach § 238 FamFG durchbrochen werden. Der Antrag setzt voraus, dass eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden Verhältnisse vorliegt (§ 238 Abs. 1 FamFG) und dass der Abänderungsgrund nach der letzten Tatsachenverhandlung des Erstverfahrens entstanden ist (§ 238 Abs. 2 FamFG). Die Abänderung ist nach § 238 Abs. 3 S. 1 FamFG grundsätzlich nur für die Zeit ab Erhebung des Abänderungsantrags zulässig. S. 2 lässt jedoch eine Abänderung wegen einer Unterhaltserhöhung auch für die Zeit zu, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Dies sind die in den Bestimmungen der §§ 1613, 1585 BGB genannten Fälle (Auskunftverlangen, Verzug oder Rechtshängigkeit) sowie vertragliche Anerkennung. Nach § 238 Abs. 3 S. 3 und 4 FamFG ist eine Herabsetzung des Unterhalts auch zulässig für die Zeit ab dem Ersten eines auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen folgenden Monats, jedoch nicht für die mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit. Der Abänderungsrichter darf die Entscheidung grundsätzlich nur unter Wahrung ihrer Grundlagen an die veränderten Verhältnisse anpassen, nicht völlig neu entscheiden (§ 238 Abs. 4 FamFG).

Statt einer rechtskraftfähigen Entscheidung kann über die auch künftige Unterhaltsverpflichtung ein nicht rechtskraftfähiger Titel errichtet werden, etwa ein gerichtlicher Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, eine notarielle Urkunde im Sinn von § 794 Nr. 5 ZPO oder eine Jugendamtsurkunde nach §§ 59 Abs. 1 Nr. 3, 60 SGB VIII. Auch ein solcher Titel kann nur im Wege des Abänderungsantrags abgeändert werden (§ 239 Abs. 1 FamFG).[1]

Ein Abänderungsantrag nach § 238 FamFG bzw. nach § 239 FamFG setzt voraus, dass ein Titel über den gesamten Unterhaltsanspruch vorliegt.[2] Ist nur ein Teil tituliert, ist ein ergänzender Erstantrag nach § 258 ZPO zu stellen, etwa wenn Unterhalt über einen freiwillig gezahlten Betrag hinaus tituliert ist.[3] Es wird indes allgemein vermutet, dass eine Titulierung den gesamten Anspruch erfasst. Dies gilt nach einer neueren Entscheidung des BGH[4] auch bei der Jugendamtsurkunde, einem einseitig errichteten Titel. Grundsätzlich ist danach ein Abänderungsantrag, nicht ein Erstantrag, der statthafte Rechtsbehelf. Ein Antrag nach § 239 FamFG geht dem nach § 238 FamFG vor, soweit ohne Eingriff in die Rechtskraft dem Abänderungsbegehren Rechnung getragen werden kann.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH[5] ist der Weg des Abänderungsantrags für jedes Begehren auf Abänderung einer Entscheidung über künftig fällig wiederkehrende Leistungen nach § 258 ZPO zu beschreiten, auch wenn nach allgemeinen Grundsätzen in die Rechtskraft nicht eingegriffen werden muss. Beispielsweise kann der geschiedene Ehegatte, der im Erstverfahren nur Elementarunterhalt geltend gemacht und zugesprochen erhalten hat, den ihm zustehenden Vorsorgeunterhalt nicht mit einem ergänzenden Erstantrag nach § 258 ZPO verlangen, sondern nur mit einem Abänderungsantrag nach § 238 FamFG, d.h. unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen.[6] Sind diese erfüllt, etwa weil sich das Einkommen des Antragsgegners nachträglich wesentlich erhöht hat, kann unter Beachtung der zeitlichen Grenzen des § 238 Abs. 3 FamFG Elementar- und Vorsorgeunterhalt zuerkannt werden. Die erweiterte Rechtskraft der Erstentscheidung wird insoweit durchbrochen, obgleich das Begehren auf im Erstverfahren bereits vorliegende Umstände gestützt wird. § 238 Abs. 2 FamFG wird einschränkend angewandt, um grobe unbillige Ergebnisse zu vermeiden. Die erweiterte Rechtskraft ist auch insoweit im Abänderungsverfahren eingeschränkt, als nach der Rechtsprechung des BGH[7] sich der Gegner, anders als der Angreifer, zur Verteidigung der Rechtskraft auf alte Umstände stützen darf. Zur Vermeidung einer groben Unbilligkeit erkennt der BGH[8] eine Ausnahme von der Präklusionsvorschrift des § 238 Abs. 2 FamFG auch an, wenn Unterhalt schematisiert bemessen wurde. Damit kann eine Entscheidung der Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst werden, die zur Zeit des Erstverfahrens bereits eingetreten war, dort aber wegen Anwendung der Düsseldorfer Tabelle nicht berücksichtigt wurde. Bei der Feststellung des Einkommens Selbständiger wird regelmäßig im Hinblick auf die Präklusionsvorschrift des § 238 Abs. 2 FamFG nicht geprüft, welches Einkommen tatsächlich zur Zeit des Erstverfahrens vorlag, sondern welches nach den damals zur Verfügung stehenden Unterlagen der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. Ferner sind in einem Erstverfahren betrügerisch verschwiegene Umstände, die zur Zeit des Abänderungsverfahrens for...

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