Nunmehr ist die Rede von einem "gleitenden Erwerb" der Immobilie: Mit jedem Monat sinkt die Lebenserwartung des Berechtigten und damit der Wert der Belastung und es steigt entsprechend der Wert der Immobilie. Mit jedem Monat erwirbt also der Eigentümer etwas mehr bis hin zum Vollerwerb einer lastenfreien Immobilie.
Anstatt wie früher bei der Ermittlung des Verkehrswertes dessen Minderung durch Dienstbarkeiten gar nicht zu berücksichtigen, wird nunmehr die Belastung für den Anfangs- bzw. den Übertragungsstichtag, für den Endvermögensstichtag und letztlich auch für den dazwischen liegenden Zeitraum bewertet. Der Wert der Belastung wird im Anfangs- und Endvermögen von dem dann jeweils aktuellen Wert der Immobilie abgezogen, um den Verkehrswert zu ermitteln, der in die Vermögensbilanz einzustellen ist. Die dazwischen liegende Wertsteigerung, welche allein auf dem Absinken des Wertes der Belastung aufgrund der sinkenden Lebenserwartung des Berechtigten beruht, ist wiederum dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen.
Praktisch jeden Tag, jeden Monat, mit dem sich die Lebenserwartung des Berechtigten verkürzt, wendet der Nießbrauchsberechtigte dadurch dem Verpflichteten der Dienstbarkeit etwas zu. Wegen der durchzuführenden Indizierung kann nicht ein Gesamtbetrag ermittelt werden, sondern es müssen die einzelnen Beträge errechnet und indiziert werden, bevor sie dem Anfangsvermögen zugerechnet werden können. Dies ist eine sehr komplizierte Berechnung, sodass ohne eine Analyse der Entwicklung des Grundstückswertes in dem zu beurteilenden Zeitraum und ohne sachverständige Begutachtung der (sich während dieses Zeitraums im Wert ändernden) Nießbrauchsbelastung nicht auszukommen sein wird.
Die Notwendigkeit der Einschaltung eines Sachverständigen hat der BGH ausdrücklich in Kauf genommen. Bei der Wertermittlung ist zu berücksichtigen, dass die Wertsteigerung der Immobilie und das Absinken des Wertes der Belastung durch die kontinuierliche Reduzierung der Lebenserwartung des Berechtigten nicht parallel verlaufen, sondern vielmehr die Wertsteigerung des Grundstücks zunächst stärker vom Nießbrauch etc. absorbiert wird. Wie sich den Sterbetafeln entnehmen lässt, erfolgt das Absinken des Wertes der Belastung nicht linear, da die Lebenserwartung des Berechtigten nicht gleichmäßig abnimmt. Faktisch führt diese Änderung der Bewertungsmethode zu einer Besserstellung des Zuwendungsempfängers, da sein Anfangsvermögen höher ist als nach der bisherigen Berechnungsweise.
Ggf. ist zusätzlich ein "Vermarktungsmakel" zu berücksichtigen, also die Tatsache, dass eine mit einem Dauerrecht belastete Immobilie gerade bei einer längeren Lebenserwartung des Berechtigten schwer oder gar nicht veräußert werden kann. Unabhängig vom rechnerischen Wert (Wert der Immobilie abzgl. Wert der Belastung) besteht die Gefahr, eine Vermögensposition zu berücksichtigen, welche faktisch nicht versilbert werden kann. Dieser Makel verliert, wie die eigentliche Belastung, mit zunehmendem Alter des Berechtigten an Wert und erlischt mit dessen Tod. Auch insoweit findet ein Wertzuwachs statt allein aufgrund der sinkenden Lebenserwartung. Konsequenterweise sollte daher auch dieser Wertzuwachs dem Zugewinnausgleich entzogen werden.
Wer die Bewertung noch aufwändiger gestalten möchte, kann zusätzlich auch das Vorversterbensrisiko des Zuwendungsempfängers bewerten, also die Gefahr, dass dieser vor dem Berechtigten verstirbt und deswegen zu keinem Zeitpunkt lastenfreies Eigentum an der Immobilie erlangt.
Erlischt die Dienstbarkeit noch während der Ehe, besteht sie also am Stichtag für die Ermittlung des Endvermögens nicht mehr, so kann dementsprechend die Belastung im Endvermögen nicht mehr berücksichtigt werden. Da aber diese Wertsteigerung von Todes wegen oder aufgrund eines Verzichts, der als unentgeltliche Zuwendung zu werten ist, also privilegiert erworben wurde, muss der Wegfall der Gegenleistung mit ihrem Wert zum Zeitpunkt des Wegfalls als weiterer privilegierter Erwerb i.S.d. § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen zugerechnet werden.
Die geänderte Bewertungsmethode ist nicht ohne Kritik geblieben, insbesondere im Hinblick auf die nunmehr praktisch nicht mehr gegebene Möglichkeit, ohne sachverständige Hilfe Zugewinnausgleichsansprüche zu berechnen, wenn derart belastete Immobilien zum Vermögen der Eheleute gehören. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Methoden der Wertermittlung und der Tatsache, dass diese zu voneinander abweichenden Ergebnissen gelangen, ist die Rede davon, dass mit der neuen, deutlich komplizierteren Berechnungsmethode nur eine teuer bezahlte Scheingenauigkeit erreicht wird.
Das OLG Bamberg hat bereits 1995 eine weniger aufwändige Schätzung des aufgrund des allmählichen Vermögenserwerbs dem Anfangsvermögen zuzurechnenden Betrages vorgenommen: Es hat dem Anfangsvermögen die Hälfte des Betrages hinzugefügt, der dem Nominalwert zum Ausgleich des Kaufkraftschwundes hinzuzurechnen wäre, wenn der gesamte Wertz...