Die Anforderungen an die Erwerbsbemühungen desjenigen, den eine Erwerbsobliegenheit trifft, bestehen für den Unterhaltspflichtigen und den Unterhaltsberechtigten grundsätzlich ebenfalls in gleichem Maße. Das hat der BGH in der Entscheidung vom 15.12.1993, die zum Kindesunterhalt erging, ausdrücklich festgestellt:
Zitat
"Zwar ist das Bezirksgericht zutreffend davon ausgegangen, daß es nicht ausreicht, sich beim Arbeitsamt als Arbeitssuchender zu melden. Der Arbeitslose muß sich vielmehr auch sonst auf dem Arbeitsmarkt intensiv um eine Anstellung bemühen, so durch Bewerbungen auf Stellenanzeigen, Vorsprache bei möglichen Arbeitgebern und Aufgabe von Stellengesuchen. Diese vom Senat bisher für den Unterhaltsbegehrenden aufgestellten Grundsätze (vgl. Senatsurteil vom 4.11.1981 – IVb ZR 625/80, FamRZ 1982, 255, 257 unter 2 a; vom 27.11.1985 – IVb ZR 79/84, FamRZ 1986, 244, 246 unter 2) gelten in gleicher Weise für den Unterhaltsschuldner."
Das bedeutet, die Ehegatten (ebenso die betreuende Mutter nach § 1615l BGB) haben als Pflichtiger und als Berechtigter dieselben Bemühungen zu erbringen. Einzig der Kindesunterhalt macht eine Ausnahme in zwei Aspekten, und zwar für den Unterhaltsschuldner im Minderjährigenunterhalt und für den Unterhaltsgläubiger im Volljährigenunterhalt hinsichtlich der Art der Arbeit und gegebenenfalls der Örtlichkeit der Arbeit. Bezüglich der Anzahl der Bemühungen, der Qualität, der Form und der Dokumentation bestehen aber keine Unterschiede in den Unterhaltsverhältnissen.
1. Art und Ausmaß der Bemühungen
Welcher Art und welchen Ausmaßes müssen die Bemühungen um eine Arbeitsstelle sein und in welchem Ausmaß muss dies dargelegt werden? Einigkeit besteht schon immer darin, dass die bloße Meldung bei der Agentur für Arbeit in keiner Konstellation genügen kann. Im Übrigen hat der BGH hierzu in der oben zitierten Entscheidung vom 27.11.1985 betont:
Zitat
"Die Anforderungen, die an den Vortrag des Unterhaltbegehrenden zu stellen sind, können jedoch nicht in allen denkbaren Fällen gleich sein. Art und Ausmaß der Bemühungen, die der Bedürftige darzulegen hat, hängen im Einzelfall sowohl von den objektiven Bedingungen für die Erwerbsmöglichkeit als auch von den subjektiven Voraussetzungen ab, unter denen er Arbeit suchen muß."
In Zeiten der Vollbeschäftigung müssten an den Nachweis vergeblichen Bemühens höhere Anforderungen gestellt werden als bei einem hohen Anteil von Arbeitslosen auf dem betroffenen Arbeitsmarkt. In dicht besiedelten Bezirken mit hohem Beschäftigungsstand bestünden generell bessere Bedingungen als in strukturschwachen und weniger bevölkerten Landesteilen. Für den Erfolg bei der Bewerbung um einen freien Arbeitsplatz komme es zudem nicht nur auf die Zahl der Mitbewerber an, weil sie sich vielfältig unterschieden.“
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"Bei der Beurteilung, ob ein Vortrag ausreicht, um das ernsthafte und nachhaltige Bemühen um eine Erwerbstätigkeit darzutun, darf aber vor allem nicht außer Betracht bleiben, ob sich aus der Arbeitsbiografie oder anderen Umständen Erkenntnisse über die subjektive Arbeitsbereitschaft des Anspruchstellers gewinnen lassen."
Diesem Gesichtspunkt müsse der Richter schon deshalb besondere Aufmerksamkeit schenken, weil nicht auszuschließen sei, dass eine Unterhalt begehrende Partei versuchen könnte, ihre mangelnde Arbeitswilligkeit dadurch zu verschleiern, dass sie zu missglückten Versuchen, eine Beschäftigung zu finden, zwar umfangreich vortrage, zumutbare Stellenangebote jedoch verschweige.
Parameter, die der BGH hier aufstellt, sind: Art, Ausmaß, Ernsthaftigkeit, Nachhaltigkeit der Bemühungen, objektive Bedingungen für eine Erwerbsmöglichkeit (Besiedelung des Gebiets, allgemeine Beschäftigungsquote), subjektive Voraussetzungen des Pflichtigen (z.B. Alter, Gesundheit, Vorbildung, Berufserfahrung). Dazu hat sich eine umfangreiche Rechtsprechung entwickelt.
a) Eigeninitiative
Grundvoraussetzung, aber niemals ausreichend, ist die Meldung bei der Arbeitsagentur. Es wird vom Erwerbspflichtigen vielfältige Eigeninitiative verlangt. Die folgenden Anforderungen sind nicht alternativ zu verstehen:
Der Erwerbspflichtige muss die örtliche und ggf. überörtliche Tages- und Wochenpresse studieren und sich auf Zeitungsinserate bewerben. Dasselbe gilt für Bewerbungen auf Internetinserate.
Der Erwerbspflichtige muss eigene Inserate aufgeben. Der Erwerbspflichtige muss sich bei Vermittlungsagenturen und Zeitarbeitsfirmen melden. Er muss bei Bekannten und ehemaligen Arbeitgebern nachfragen und Hinweisen des unterhaltspflichtigen Ehegatten nachgehen. Sämtliche Hilfsangebote sind von ihm in Anspruch zu nehmen, so z.B. Sprachkurse zur Verbesserung seiner Vermittlungsmöglichkeiten oder vorbereitende Fortbildungskurse. Der kranke Erwerbspflichtige hat die Obliegenheit, seine Mitwirkungshandlungen zur Gesundung zu erbringen.