Mit Inkrafttreten der Güterrechtsnovelle zum 1.9.2009 sind zwei weitere Probleme der Beweislast im Zugewinn aufgetreten. Höchstrichterlich sind diese bislang noch nicht geklärt.
1. Negatives Anfangsvermögen
Die bis 31.8.2009 geltende Rechtslage sah vor, dass Anfangsvermögen allenfalls bis 0 EUR angesetzt werden konnte, vgl. § 1374 Abs. 1, 2. Hs. BGB a.F. Erst durch die Güterrechtsnovelle gibt es seit dem 1.9.2009 negatives Anfangsvermögen. Nunmehr können Schulden sogar über das Vermögen hinaus abgezogen werden (§ 1374 Abs. 1, 3 BGB). Sofern der Anspruchsgegner sich darauf berufen könnte, dass negatives Anfangsvermögen der Gegenseite abgebaut und z.B. positives Endvermögen gebildet wurde, würde sich dieser Sachverhalt anspruchsmindernd für den Anspruchsteller auswirken. Der Anspruchsteller hat aber gar kein Interesse daran, eine solche Anspruchsminderung vorzutragen.
Zur Verdeutlichung folgender Beispielfall:
Frau B. hat einen Zugewinn von 210.000 EUR erwirtschaftet. Ihr Anfangsvermögen betrug 0 EUR. Herr B. verfügt über ein Endvermögen von 10.000 EUR. Zu Beginn der Ehe hatte er Schulden von 110.000 EUR.
Nach der alten Rechtslage war das Anfangsvermögen immer mit 0 EUR anzusetzen. Die Differenz der beiden Bilanzen betrug demzufolge 200.000 EUR. Der Ausgleichsanspruch belief sich auf 100.000 EUR. Diese Rechtslage ist weiterhin auf Verfahren anzuwenden, bei denen der Zugewinn noch vor Inkrafttreten der Güterrechtsnovelle anhängig gemacht wurde (Art. 229 § 20 EGBGB). Insoweit handelt es sich um eine der beiden Übergangsregelungen der Güterrechtsnovelle.
Falls nach neuem Recht Frau B. jedoch die Verminderung der Schulden ihres Ehemanns in der Ehe nachweisen könnte, wäre der Zugewinn nunmehr wie folgt zu berechnen:
Zugewinn Frau B: |
210.000 EUR |
Zugewinn Herr B: Verminderung der Schulden um |
110.000 EUR |
zuzüglich Endvermögen |
10.000 EUR |
also |
120.000 EUR |
Ausgleichsanspruch: Die Differenz (90.000 EUR): 2, damit |
45.000 EUR |
Bei solch gravierenden Unterschieden wird Herr B. sicherlich nicht von sich aus zu seinem Anfangsvermögen Stellung beziehen. Auf entsprechendes Befragen wird er erfahrungsgemäß vorgeben, über das Anfangsvermögen keine Auskunft mehr erteilen zu können. Vor allen Dingen wird dies dann von ihm glaubhaft vertreten werden können, sofern die 10-jährige Aufbewahrungsfrist für Unterlagen verstrichen ist. Wie soll Frau B. nun aber nachweisen, dass ihr Ehemann zum damaligen Zeitpunkt verschuldet war? Sofern ihr nicht Kontounterlagen vorliegen, wird sie vom Gesetzgeber mit diesem Dilemma im Stich gelassen. Das Problem wurde offenkundig bei den Beratungen übersehen. In den Materialien findet sich nichts darüber, wer bei dieser Konstellation darlegungs- und beweispflichtig wäre. In der Literatur wird dieses Problem bislang strittig diskutiert.
Krause versucht das Problem mit einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast zu lösen. Da der Auskunftsgläubiger ungleich schwerer die damalige wirtschaftliche Situation des Ausgleichsschuldners darlegen und beweisen könne, solle von ihm nur verlangt werden, dass er die Belastungen des Ausgleichsschuldners substanziiert vorträgt. Die dafür sprechenden Tatsachen und Umstände müsse er darlegen. Es liege sodann am Gegner, sich zu entlasten.
Die überwiegende Literatur ist indes anderer Auffassung. Beim positiven Anfangsvermögen sei es ja unstreitig, dass denjenigen, der dieses für sich geltend mache, die Darlegungs- und Beweislast treffe. Wer sich – weil für ihn günstig – auf negatives Anfangsvermögen des anderen berufe, müsse die nach wie vor immer noch bestehende gesetzliche Regelung des § 1377 Abs. 3 BGB widerlegen. Ansonsten träten unzumutbare Ergebnisse auf. Es würde z.B. der schlüssige Vortrag genügen, der andere Partner habe nach der angeblich sicheren Erinnerung bei der XY Bank stets ein verschuldetes Girokonto in Höhe von mindestens 10.000 EUR gehabt. Nunmehr müsste der andere Partner zumindest substanziiert hierzu vortragen. Bei dieser Situation treffe denjenigen, der sich auf das ihm günstige negative Anfangsvermögen berufe, die volle Darlegungs- und Beweislast.
2. Die Neuregelung der §§ 1379, 1375 Abs. 2 BGB
In letzter Minute ist – völlig unvorhergesehen und nie in Stellungnahmen der verschiedenen Verbände diskutiert – die Auskunft zum Trennungszeitpunkt normiert worden. Auf diese Weise soll der Berechtigte besonders geschützt werden. Der bei vielen Ehegatten unterschwellig vorhandenen Tendenz, das Vermögen bis zum eigentlichen Stichtag (Rechtshängigkeit der Scheidung) gem. § 1384 BGB zum eigenen Vorteil "aufzuhübschen", sollte entgegengewirkt werden. Als geradezu drakonische Sanktion wurde die Vorschrift des § 1375 Abs. 2 BGB eingeführt. Sofern zwischen Trennungszeitpunkt und Zeitpunkt der Rechtshängigkeit Vermögensdifferenzen auftreten, wird von einer Umkehr der Beweislast ausgegangen. Diese gesetzliche Regelung ist zwar gut gemein...