a) Während vor allem in der Grundentscheidung des BGH die objektive Seite, also die unterschiedliche Wertigkeit der einzelnen Rechte, deutlich im Vordergrund stand, hob er in der neueren Rechtsprechung die subjektive Seite besonders hervor. Die hohe Bedeutung der subjektiven Seite zeigt sich schließlich auch darin, dass der BGH nunmehr die Rangabstufung im Rahmen der Kernbereichslehre des Scheidungsfolgenrechts unter Heranziehung subjektiver Maßstäbe wie folgt relativiert:
Zitat
"Rangabstufung … für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage".
Wegweisend ist hier das Urteil "Ministerialrat/Krankenschwester", wo es im Leitsatz heißt:
Zitat
"Ein Ehevertrag kann sich in seiner Gesamtwürdigung nur dann als sittenwidrig und daher als insgesamt nichtig erweisen, wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten getroffen worden sind. Allein aus der Unausgewogenheit des Vertragsinhalts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten Ehevertrages regelmäßig noch nicht."
Aus dieser Feststellung des BGH ist zu folgern, dass ohne subjektive Unterlegenheit des Anspruchstellers es in der Regel zu keiner Beanstandung eines Ehevertrags usw. als sittenwidrig, also im Wege der Bestandskontrolle kommen wird. Jedoch ist eine Anpassung des Vertrags im Wege der Ausübungskontrolle auch ohne Beanstandung der subjektiven Seite bei einer Änderung oder unvorhergesehenen Entwicklung der Verhältnisse möglich (§ 313 BGB), wobei in dieser Entscheidung der Gesichtspunkt der ehebedingten Nachteile stark in den Vordergrund geschoben wird.
b) Wie der BGH in seiner neueren Rechtsprechung ebenfalls hervorgehoben hat, kann sich eine Beanstandung auch aus Umständen außerhalb der Vertragsurkunde ergeben, die eine subjektive Imparität insbesondere in Folge der Ausnutzung einer Zwangslage, einer sozialen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit oder einer intellektuellen Unterlegenheit beweisen. Gemeint sind hier der Umfang der Belehrung, die Verhandlungsdauer, eine unabhängige anwaltliche Beratung, der Druck des Scheidungstermins, die Überlegungsfrist usw.
c) Die subjektive Seite ist jedoch nicht in allen Fällen entscheidend. Geht man zum grundlegenden Urteil des BVerfG zurück, dann stellt man fest, dass ein doppelter Schutzzweck postuliert wird, zum einen die Verhinderung einer gestörten Vertragsparität/unangemessenen Benachteiligung und zum anderen die Gewährleistung des Kindeswohls. Der BGH hat die Bedeutung des Kindeswohls in seine Grundentscheidung auch dadurch aufgenommen, dass er den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB a.F. auf die höchste Stufe seiner Wertigkeitsskala gestellt hat. Richterliche Inhaltskontrolle unter dem Kriterium des Kindeswohls bedeutet deshalb, dass nur die objektive Seite entscheidet, also ob das Kindeswohl tangiert ist, nicht die subjektive; ein Vertrag, auch wenn er fair zustande gekommen ist, der zu Lasten des Kindeswohl geht, kann beanstandet werden. Dies gilt auch für den VA.