a) Ehebedingte Nachteile sind bekanntlich bei der Ausübungskontrolle auszugleichen. Sie können allerdings dann nicht ausgeglichen werden, wenn keine Anrechte beim Ausgleichspflichtigen entstanden sind. Mit einem solchen Sachverhalt hatte sich der BGH im Fall "Mehrheitsgesellschafter/Gütertrennung" zu befassen. Dort ging es um einen Ehevertrag, in dem ausschließlich Gütertrennung vereinbart war; weitere Scheidungsfolgen waren nicht geregelt. Die Ehefrau gab ihren Beruf auf und führte den Haushalt, weshalb sie in der Ehezeit (außer Kindererziehungszeiten i.S.v. § 56 SGB VI) keine Versorgungsanrechte erwarb. Der Ehemann war als Gewerbetreibender nicht versicherungspflichtig und erwarb auch keine diesbezüglichen Anrechte; er hatte jedoch einen erheblichen Vermögenszuwachs. Bei der Scheidung waren also beiderseits fast keine Anrechte vorhanden, die in den VA gefallen wären. Die Ehefrau machte als Kompensation im Verbund Zugewinnausgleich geltend. Da der BGH beim Vertragsabschluss keine belastenden subjektiven Aspekte feststellen konnte, lehnte er ihren Antrag ab.
b) Die Kritik, dass der Ehemann nach dieser Entscheidung mit einem erheblichen Vermögenszuwachs aus der Ehe herausging, die Ehefrau mit nahezu nichts und sie damit einseitig erhebliche ehebedingte Nachteile erlitt, musste der BGH in seinem Urteil "Fitnessstudio" selbst beiläufig erwähnen, womit er sich stillschweigend von der Entscheidung "Mehrheitsgesellschafter/Gütertrennung" distanzierte. Mit dem Beschluss "Zahnarzt/Physiotherapeutin" änderte er deshalb seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich. Er geht zwar nach wie vor davon aus, dass die in der Ehe erlittenen Versorgungsnachteile grundsätzlich systemgerecht über den VA auszugleichen sind und bestätigt erneut die nachrangige Stellung des Zugewinnausgleichs im Bereich des Scheidungsfolgenrechts. In Fällen der Funktionsäquivalenz von VA und Zugewinnausgleich könne es aber besondere Sachverhaltskonstellation geben in denen ein "Hinübergreifen" auf das andere vermögensbezogene Ausgleichssystem im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht gezogen werden könne.
c) Der BGH hat dabei solche Fälle im Blick, in denen ein den Haushalt führender Ehegatte, der zugunsten der Familienarbeit auf die Ausübung einer versorgungsbegründenden Erwerbstätigkeit verzichtet hat, im Falle der Scheidung über den VA keine Kompensation für seine Nachteile beim Aufbau von Versorgungsvermögen erlangt. Dies deshalb nicht, weil sein (selbstständig) erwerbstätiger Ehegatte aufgrund seiner individuellen Vorsorgestrategie keine nennenswerten Versorgungsanrechte erworben, sondern seine Altersvorsorge bei vereinbarter Gütertrennung allein auf die Bildung von Privatvermögen gerichtet hat. In einem solchen Einzelfall hält es der BGH für geboten, dem den Haushalt führenden Ehegatten zum Ausgleich für entgangene Versorgungsanrechte einen (modifizierten) Zugewinnausgleich zu gewähren, der einerseits durch den zum Aufbau entgangener Versorgungsanrechte erforderlichen Betrag und andererseits durch die gesetzliche Höhe des (fiktiven Versorgungs-) Ausgleichsanspruchs beschränkt ist. Ausdrücklich erwähnt der BGH, dass ein solcher Ausgleich (nur) im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht komme und nur unter besonders strengen Voraussetzungen, die – so der BGH – regelmäßig in einer Doppelverdienerehe nicht vorliegen dürften.
d) Eine andere Art von "Hinübergreifen" hat der BGH – ohne den Ausdruck Funktionsäquivalenz zu erwähnen – im Fall "Ministerialrat/Stationsschwester" vorgenommen. Dort war der VA rechtskräftig zugunsten der Ehefrau in einer Höhe durchgeführt worden, welche die aufgrund der kinderbedingten Halbtagstätigkeit entstandenen Versorgungsnachteile der Ehefrau nicht vollständig ausglich. Dies hatte zur Folge, dass die Erwerbsminderungsrente der Ehefrau – deren Voraussetzungen bereits vorlagen – niedriger ausfiel, als sie bei voller Durchführung des VA ausgefallen wäre. Im Weg der Ausübungskontrolle billigte deshalb der BGH der Ehefrau Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB in der Höhe zu, der sich dann ergeben hätte, wenn der VA unter Berücksichtigung kinderbedingter Versorgungsnachteile zu einer Halbteilung der in der Ehe erworbenen Versorgungsnachteile geführt hätte. Und dies, obwohl ein Unterhaltsverzicht vereinbart war. Also ein "Hinübergreifen" vom VA auf den Krankenunterhalt.