Pikant sind naturgemäß die bereits eingangs besprochenen Konstellationen, in denen zumindest auch der neue Ehegatte oder Lebensgefährte des verstorbenen ausgleichsberechtigten Ehegatten als Erbe den Zugewinnausgleichanspruch geltend macht. Dies gilt umso mehr, wenn der neue Partner Grund für das Scheitern der Ehe war. In diesen Fällen ist der Übergang des Zugewinnausgleichsanspruchs auf die Erben auf den ersten Blick schwieriger zu rechtfertigen. Der Zugewinnausgleich ist schließlich ein Ausfluss der ehelichen Gemeinschaft. Der neue Partner aber steht nicht nur außerhalb der ehelichen Gemeinschaft, sondern hat möglicherweise sogar zu deren Beendigung beigetragen. Dennoch berührt eine Wiederheirat der Ehegatten mit einem Dritten den Ausgleichsanspruch grundsätzlich nicht.
Der ausgleichspflichtige Ehegatte wird hierfür vermutlich noch weniger Verständnis aufbringen können als für die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem ausgleichsberechtigten Ehegatten selbst, der sein Vermögen zumindest typischerweise miterwirtschaftet hat. Es drängt sich daher die Frage auf, ob im Falle einer Wiederheirat der Ausgleichsanspruch auf die Erben des ausgleichsberechtigten Ehegatten, insbesondere auf dessen neuen Ehegatten übergehen sollte.
Natürlich streiten für einen Übergang der Ausgleichsforderung auf den neuen Ehegatten zunächst dieselben Argumente wie für den Übergang auf die übrigen Erben des Verstorbenen. Der Anspruch befand sich bereits im Vermögen des Erblassers und musste lediglich noch erfüllt werden. Ginge der bereits entstandene und mithin im Vermögen des Erblassers befindliche Ausgleichsanspruch mit dem Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten unter, so hinge dessen Erfüllung mitunter vom Zufall ab. Sollte der ausgleichsberechtigte Ehegatte gar an einer schweren Krankheit leiden oder bereits sehr alt sein, könnte die Vollstreckung der Forderung einem Wettlauf gegen die Zeit ähneln. Das über Art. 14 Abs. 1 GG abgesicherte Interesse des Erblassers am Übergang seines Vermögens auf den neuen Ehegatten bliebe unberücksichtigt.
aa) Die Aufgabe des Schuldprinzips im Scheidungsfolgenrechts
Ein pauschales Außerachtlassen dieses Interesses allein aufgrund des möglicherweise erfolgten Ehebruchs würde fast unweigerlich dazu führen, dass die Schuldfrage wieder in das Scheidungsfolgenrecht Einzug fände. Das Schuldprinzip im Scheidungsfolgenrecht wurde jedoch bereits 1976 mit Einführung des Zerrüttungsprinzips abgeschafft und sollte nicht durch die Hintertür wieder eingeführt werden. Im Übrigen dürfte ein pauschaler Ausschluss des erbweisen Übergangs des Ausgleichsanspruchs auf den neuen Ehegatten des Erblassers gegen Art. 6 Abs. 1 GG verstoßen, da der Erblasser und sein Ehegatte allein aufgrund ihres Eheschlusses benachteiligt würden. Eine solche Benachteiligung könnte dennoch unter Umständen hinnehmbar sein, wenn der neue Ehegatte der Grund für die Zerrüttung der Ehe war. Gleichwohl dem Scheidungsfolgenrecht eine Bestrafung der Ehegatten für ehewidriges Verhalten fremd ist, mutet eine regelrechte Belohnung des neuen Ehegatten für das Eingreifen in eine intakte Ehe zumindest seltsam an.
Dennoch erscheint ein ausnahmsloser Ausschluss des Anspruchsübergangs auf den die Trennung verschuldenden neuen Ehegatten des Erblassers nicht sachgerecht. Die Aufgabe des Schuldprinzips im Scheidungsfolgenrecht war nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass der Beweis der Schuld am Scheitern der Ehe kaum zu führen ist. Im Regelfall führt eine Verkettung von Umständen zur Zerrüttung der Ehe, sodass für die letztendliche Trennung nicht nur einzelne Verfehlungen gegen Ende der Ehe verantwortlich sind. Es wird kaum sicher feststellbar sein, dass eine außerhalb der Ehe stehende Person deren Zerrüttung ausgelöst hat. Außerdem fehlen aufgrund der sehr individuellen Ausgestaltung der Ehegemeinschaft geregelte Maßstäbe dafür, was unter ehewidrigem Verhalten zu verstehen ist. Im Regelfall ist daher ein Wegfall des Zugewinnausgleichsanspruchs im Falle des Todes des wiederverheirateten ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht geboten – auch dann nicht, wenn die neue Beziehung bereits während der Ehezeit bestand und der neue Partner auf den ersten Blick als Auslöser für die Trennung erscheint.
bb) Die Unbilligkeitseinrede des § 1381 BGB
Ein völliger Ausschluss des Anspruchsübergangs auf den neuen Ehegatten sollte daher nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen erfolgen, wenn das Zahlungsverlangen unbillig wäre. Dies ist bereits de lege lata gemäß § 1381 Abs. 1 BGB möglich. Der Schuldner kann die Erfüllung der Ausgleichsforderung verweigern, soweit der Ausgleich nach den Umständen des Falles grob unbillig wäre. Hierbei handelt es sich um einen Billigkeitsbehelf. Er schließt in seinem Anwendungsbereich § 242 BGB aus. Grobe Unbilligkeit kann gemäß § 1381 Abs. 2 BGB insbesondere dann vorliegen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte längere Zeit hindurch die wirtschaftlichen Verpflichtungen, ...