Der Verbund zwischen einer Scheidungssache und familienrechtlichen Folgesachen, die für den Fall der Scheidung von einem Ehegatten rechtzeitig anhängig gemacht werden oder von Amts wegen einzuleiten sind (§ 137 FamFG), dient dem Zweck einer einheitlichen Entscheidung in Scheidungs- und Folgesachen (§ 142 Abs. 1 FamFG). Dieser Verbund führt zu einer gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, den sozial schwächeren Ehegatten vor einer übereilten Scheidung der Ehe zu schützen und ihm die Klärung der – regelmäßig von ihm selbst anhängig gemachten – unterhalts- und vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung zu ermöglichen.
Die Erfahrungen der Praxis machen aber deutlich, dass die Möglichkeit des Verbundverfahrens auch nicht selten als Hebel benutzt wird, die Gegenseite durch die Verzögerung des Verfahrens unter Druck zu setzen und so zu einem Entgegenkommen vor allem bei den wirtschaftlichen Fragen des Unterhalts und des Zugewinns zu bewegen. Daher haben die Möglichkeiten einer Abtrennung von Folgesachen aus dem Verbundverfahren durchaus praktische Bedeutung.
Die Vorschrift des § 140 FamFG ermöglicht in jeder Instanz die Auflösung des Verbundes von Scheidungs- und Folgesachen durch eine Vorabentscheidung entweder über den Scheidungsantrag oder über bestimmte Folgesachen. Die Voraussetzungen für die Abtrennung einer Folgesache werden in § 140 Abs. 1, 2 FamFG abschließend aufgeführt.
Die Vorschrift ist anwendbar in allen Verbundverfahren im ersten und zweiten Rechtszug. Die Abtrennung kann also nicht nur im erstinstanzlichen Verfahren, sondern auch im Rechtsmittelverfahren vorgenommen werden, dort allerdings nur, wenn auch gegen den Scheidungsausspruch Rechtsmittel eingelegt ist.
Durch eine solche Abtrennung wird der Zwang zur einheitlichen Endentscheidung nach § 142 FamFG im Umfang der konkreten Abtrennung einer Folgesache aufgehoben und so die im Verbund bestehende, gegenseitige Blockade der verschiedenen Verfahrensbestandteile verhindert. Die Abtrennung der Folgesachen – mit Ausnahme der Abtrennung der Kindschaftssachen – führt nach § 137 Abs. 5 S. 1 FamFG dazu, dass das Gericht vorab über die Ehescheidung entscheiden kann.
Da es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung zu § 137 FamFG handelt, bedarf sie für ihre Anwendung sorgfältiger Prüfung und ausreichender Begründung und wird in der Praxis sehr eng ausgelegt. Sie ist als Ausnahmeregelung einer erweiterten Auslegung nur bei eindeutig entsprechender Sach- und Interessenlage zugänglich.
Die Konsequenzen der Abtrennung für den Fortgang des Verfahrens sind systemwidrig bereits in § 137 Abs. 5 FamFG geregelt; abgetrennte Kindschaftssachen (Folgesachen nach § 137 Abs. 3 FamFG) werden selbstständig (§ 137 Abs. 5 S. 2 FamFG), die übrigen bleiben Folgesachen (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG). Der Fortbestand als Folgesache ist auch sachgerecht, da die Abtrennung lediglich die Notwendigkeit einer zeitgleichen Entscheidung mit der Scheidung beseitigt, aber nichts daran ändert, dass die Entscheidung nur für den Fall der Scheidung ergeht.
Werden mehrere Folgesachen abgetrennt, besteht der Verbund auch unter ihnen fort (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG).
Die Entscheidung über die Abtrennung erfolgt durch gesonderten Beschluss. Sie kann also nicht wie nach früherem Recht als Teil der Endentscheidung ergehen, mit der die Scheidung ausgesprochen wird.
Vor der Beschlussfassung über die Abtrennung ist dem Antragsgegner rechtliches Gehör zu gewähren. Der Beschluss ist nicht selbstständig anfechtbar (§ 140 Abs. 6 FamFG) unabhängig davon, ob eine Abtrennung erfolgt ist oder der Antrag auf Abtrennung zurückgewiesen wurde. Der Beschluss ist jedoch trotz dieser Unanfechtbarkeit zu begründen, denn die Abtrennung unterliegt im Rahmen des Rechtsmittels gegen den Scheidungsbeschluss der vollen Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht.
Praxishinweis
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Eine unberechtigte Abtrennung führt zur Aufhebung der gesamten Verbundentscheidung durch das Rechtsmittelgericht und zur Rückverweisung in die erste Instanz. Das Verfahren geht "zurück auf Los". |
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Daher wird durch eine – gegen den Widerstand des Gegners – erreichte Abtrennung einer Folgesache keine Beschleunigung, sondern eher eine – weitere – Verzögerung des gesamten Verfahrens erreicht. |
Eine stillschweigende Abtrennung oder eine Entscheidung durch Verfügung ist unzulässig. Daher ist eine Teilentscheidung über eine Folgesache ohne vorherige Abtrennung aus dem Ehescheidungsverbund unzulässig. Gegenstand der Abtrennung ist die Folgesache, nicht etwa die Scheidung. Die Vorabentscheidung der Scheidungssache erfolgt verfahrensmäßig in der Weise, dass die noch nicht entscheidungsreife Folgesache von dem Verfahrens- und Entscheidungsverbund abgetrennt wird mit der Folge, dass das abgetrennte Verfahren außerhalb des Verbunds zu entscheiden ist und sich nicht mehr auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Scheidungssache und den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruch...