Die Neufassung des § 1578b BGB zum 1.3.2013 hat die Dauer der Ehe zu einem gleichberechtigt neben den ehebedingten Nachteilen stehenden Tatbestandsmerkmal und Billigkeitskriterium gemacht. Durch diese Hervorhebung der Ehedauer sollte klarstellend einer Praxis entgegengewirkt werden, die beim Fehlen ehebedingter Nachteile grundsätzlich eine Befristung des Unterhaltsanspruchs vorgenommen hat, ohne erneut in eine Billigkeitsprüfung einzutreten. Gleichwohl hat die Dauer der Ehe keine absolute, eine Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs stets ausschließende Bedeutung; sie stellt insbesondere keinen ehebedingten Nachteil dar. Ihr tatsächlicher Stellenwert im Rahmen des § 1578b BGB ist ungeachtet einer als gefestigt anzusehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung schwer zu fassen. Sie soll einerseits – ihrem gesetzgeberischen Zweck entsprechend – eine gewissermaßen automatische Befristung beim Fehlen ehebedingter Nachteile verhindern. Andererseits steht sie einer Befristung des Anspruchs nicht grundsätzlich entgegen.
Zum Verständnis der tatsächlichen Bedeutung der Ehedauer im Rahmen des § 1578b BGB ist zunächst ein weiterer Begriff hervorzuheben, nämlich der der nachehelichen Solidarität. Die in der Ehe begründete, über den Zeitpunkt der Scheidung hinausgehende Verantwortung der Eheleute füreinander bildet die Grundlage jedes nachehelichen Unterhaltsanspruchs. Diese fortdauernde Verantwortung hat Eingang auch in die Vorschrift des § 1578b BGB gefunden. Denn eine Begrenzung oder Befristung kommt nur in Betracht, wenn der unbeschränkte Unterhaltsanspruch nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Das Maß der gebotenen nachehelichen Solidarität hat der Tatrichter zu bestimmen, wobei die in der Ehe praktizierte Rollenverteilung und die darauf beruhende wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute zu berücksichtigen sind. Ein Indiz für die wirtschaftliche Verflechtung bildet dabei die Dauer der Ehe. Was bedeutet dies nun? In welchen Fällen einer langen Ehe hat eine Befristung zu unterbleiben? Die Ehedauer steht – so formuliert es der Bundesgerichtshof – in Wechselwirkung mit der einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse. Hat der unterhaltsbedürftige Ehegatte seine Berufstätigkeit wegen der Betreuung der gemeinsamen Kinder oder der Haushaltsführung in der Ehe eingeschränkt oder aufgegeben, während der andere Partner seine Erwerbstätigkeit ungeschmälert fortgesetzt hat, sind die Eheleute wirtschaftlich miteinander verflochten, und zwar umso mehr, je länger die Ehe gedauert hat. Sind ehebedingte Nachteile nicht vorhanden, wird in einem solchen Fall die nacheheliche Solidarität zum wesentlichen Billigkeitskriterium und steht – bei einer entsprechenden Dauer der Ehe – einer Befristung entgegen. Dies gilt insbesondere bei den Unterhaltstatbeständen, die – wie der Alters- und Krankenunterhalt – ihre wesentliche Rechtfertigung in der nachehelichen Solidarität finden. Ein besonders deutliches Beispiel für Bedeutung und Zusammenspiel von Ehedauer, nachehelicher Solidarität und Rollenverteilung in der Ehe bietet die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 27.5.2009 (XII ZR 111/08): Die Eheleute waren 26 Jahre verheiratet. Die Ehefrau ist an Krebs erkrankt und dauerhaft erwerbsunfähig. Sie war bei der Eheschließung, die wegen der eingetretenen Schwangerschaft erfolgte, 16 Jahre alt. Sie hatte keine Berufsausbildung absolviert, sondern vier gemeinsame Kinder großgezogen, von denen das jüngste zum Zeitpunkt der Scheidung 10 Jahre alt war. Die Parteien stritten unter anderem um die Befristung des nachehelichen Unterhalts, den das Berufungsgericht abgelehnt hat, obwohl ein ehebedingter Nachteil aufseiten der Unterhaltsberechtigten nicht zu erkennen war. Der Bundesgerichtshof ist dem mit dem Hinweis auf die nacheheliche Solidarität gefolgt. Dieser komme vorliegend angesichts der Dauer der Ehe, die als Hausfrauenehe geführt worden sei, und der besonderen Lebensleistung der Ehefrau eine besondere Bedeutung zu.
Eine lange Ehedauer ist aber nicht zwingend ein Indiz für eine wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute. Es ist vielmehr stets zu prüfen, ob sie tatsächlich vorliegt. An ihr fehlt es im Regelfall, wenn beide Eheleute während der Ehezeit durchgängig berufstätig waren und damit eine wirtschaftliche Selbstständigkeit bewahrt haben. Arbeiteten sie in ihrem erlernten Beruf und beruht die Einkommensdifferenz lediglich auf unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen, sind Dauer der Ehe und nacheheliche Solidarität von geringerer Bedeutung und stehen einer Befristung des Unterhaltsanspruchs nicht entgegen. Diese Ausführungen machen deutlich, dass es eine absolute Ehedauer, bei deren Vorliegen eine Befristung grundsätzlich ausscheidet, nicht gibt. Ob die Dauer der Ehe zu einem besonderen Maß an nachehelicher Solidarität führt, hängt vielmehr – wie so vieles im Unterhaltsrecht – von den Um...