Die dem bedürftigen Ehegatten entstandenen, in erster Linie beruflichen Nachteile müssen durch die Ehe verursacht worden sein (zu anderen denkbaren Nachteilen, z.B. in der Versorgungsbilanz siehe unten III. 2. a) cc)). Dieses Erfordernis der Kausalität beinhaltet zunächst eine zeitliche Komponente: Die für das fehlende oder geringere Einkommen des Unterhaltsberechtigten maßgebenden Dispositionen müssen während der Ehezeit erfolgt sein. Hat der Unterhaltsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bereits vor der Ehe zugunsten der Betreuung gemeinschaftlicher Kinder aufgegeben und dadurch Nachteile erlitten, beruhen diese sicherlich auf der zwischen den Beteiligten abgesprochenen Rollenverteilung. Sie sind aber nicht durch die Ehe verursacht, und zwar auch dann nicht, wenn z.B. die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte, um gemeinsam mit dem Lebenspartner und Vater des gemeinsamen Kindes in eine andere Stadt zu ziehen. Allerdings können aus einer solchen vorehelichen Veränderung ehebedingte Nachteile entstehen, wenn der Ehegatte die Kinder auch nach der Eheschließung betreut und aus diesem Grunde eine Erwerbstätigkeit weiter unterlässt oder nur eingeschränkt ausübt.
Erforderlich für die Annahme eines ehebedingten Nachteils ist – über dieses zeitliche Moment hinaus – dass die Umstände, die zu dem geringeren Einkommen des Unterhaltsberechtigten geführt haben, auf der Rollenverteilung in der Ehe beruhen. Sie müssen sich nach dem Wortlaut des Gesetzes ergeben aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltführung und Erwerbstätigkeit in der Ehe.
An der notwendigen Kausalität zwischen der gelebten Rollenverteilung in der Ehe und dem eingetretenen Nachteil fehlt es zum einen, wenn die unterschiedlichen Einkünfte allein auf einem unterschiedlichen Ausbildungsniveau der Eheleute beruhen. War der Ehegatte während der Ehe nicht durch Kinderbetreuung und Haushaltsführung gehindert, diesen Ausbildungsunterschied abzubauen, liegt ein ehebedingter Nachteil nicht vor. Dies gilt vor allem, wenn er jetzt vollschichtig in seinem erlernten Beruf arbeitet oder an die vor der Ehe vorhandenen Verdienstmöglichkeiten anknüpfen konnte. An der Kausalität zur Ehe fehlt es auch, wenn der Verlust des Arbeitsplatzes, der für die eingetretenen Nachteile ursächlich war, in der Person des Ehegatten liegende Gründe hatte, wenn ihm also gekündigt wurde oder er sich beruflich verändern wollte. Ist der Ehegatte allerdings nach dem Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe gehindert, eine Neueinstellung zu finden, die den bisherigen Verdienst gewährt, liegt ein ehebedingter Nachteil vor. Ist der Ehegatte anlässlich der Eheschließung aus dem Ausland gekommen, sind die Nachteile, die er dadurch erfährt, dass er wegen der Rollenverteilung in der Ehe eine Berufstätigkeit in Deutschland nicht durch Sprachkurse, Fortbildungen etc. vorbereiten und fördern kann, ebenfalls nicht ehebedingt. Bei der Bemessung der erlittenen Nachteile ist vielmehr darauf abzustellen, welches Einkommen der Unterhaltsberechtigte bei einer Fortsetzung seiner Tätigkeit im Ausland hätte erarbeiten können.
An der Ehebedingtheit des Nachteils fehlt es ebenfalls, wenn persönliche Umstände oder schicksalhafte Entwicklungen ursächlich für das Einkommensgefälle zwischen den Eheleuten sind. Der Bundesgerichtshof sieht dementsprechend eine Erkrankung nur als ehebedingten Nachteil an, wenn sie auf der Rollenverteilung in der Ehe oder auf sonstigen mit der Ehe zusammenhängenden Umständen beruht. Er hat in keinem der entschiedenen Fälle eine Erkrankung als durch die Ehe verursacht betrachtet und zwar auch nicht die in einer Ehekrise aufgetretene oder durch sie ausgelöste Psychose. Sieht man sogar in einer solchen Konstellation keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen Erkrankung und Ehe, verbleiben nur wenige Möglichkeiten ehebedingter Erkrankungen. Zu denken ist allenfalls an eine in Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes eingetretene psychische Erkrankung (Wochenbettdepression), die der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entgegensteht.
Ebenfalls nicht auf der Rollenverteilung in der Ehe beruht der Verlust des Unterhaltsanspruchs gegen den vorherigen Ehegatten. Der Fortfall des Anspruchs ist eine rechtliche Folge der Eheschließung und tritt unabhängig von der Verteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung in der Ehe ein. Er stellt daher keinen ehebedingten Nachteil dar.