Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist weitgehend auf Zustimmung gestoßen, kritische Stimmen sind allenfalls zu einzelnen Punkten vernehmbar. Die Zahl der veröffentlichten Entscheidungen ist deutlich zurückgegangen, sodass sich die Betroffenen offensichtlich auf die Gegebenheiten eingestellt haben. Gleichwohl ist das gesetzgeberische Ziel, die Eigenverantwortung zu stärken und von einer als ungerecht empfundenen lebenslangen Unterhaltspflicht zu befreien, nur teilweise erreicht. Sicherlich, im Einzelfall, wenn ehebedingte Nachteile fehlen, endet die Unterhaltspflicht. Aber jede Einschränkung der Erwerbstätigkeit zugunsten von Kinderbetreuung und Haushaltsführung birgt die Gefahr ehebedingter Nachteile, die doch lebenslang auszugleichen sind. Sie eröffnet zudem die Diskussion um hypothetische oder fiktive Entwicklungen, die der Richter zu prüfen und zu bewerten hat. Ein hoher Preis für ein Ergebnis, das in vielen Fällen nur scheinbar gerecht ist, beruht es doch eher auf einem Blick in die Glaskugel als in das Gesetz! Andererseits beobachtet der langjährig tätige Praktiker nicht nur einen Rückgang der Verfahren nach § 1578b BGB, sondern der Fälle nachehelichen Unterhalts insgesamt. Dies könnte einhergehen mit der zunehmenden beruflichen Selbstständigkeit beider Ehegatten, der von beiden Ehepartnern wahrgenommenen Elternverantwortung und auch der verbesserten Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Es sei daher die Frage gestattet, ob die gesellschaftliche Entwicklung nicht eine radikalere Lösung möglich macht. Diese muss sicherlich nicht in einem Fortfall der Unterhaltsverpflichtung mit der Ehescheidung liegen. Zu denken ist aber an eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts. Länder wie Dänemark (§ 50 I 2 EheG), die Niederlande (Art 1: 157 IV des Bürgerlichen Gesetzbuches – BW) oder auch die Schweiz kennen als Regelfall, entweder gesetzlich festgelegt oder zumindest als herrschende Praxis, den auf höchstens 10 oder 12 Jahre begrenzten Unterhalt; teilweise wird Unterhalt nicht länger geschuldet, als die Ehe währte. Diese Modelle machen die Belastung des Pflichtigen überschaubar und schützen damit tatsächlich seine Zweitehe. Aber auch der Berechtigte weiß, worauf er sich einlässt, wieviel Zeit er zur Verfügung hat, um die wirtschaftliche Selbstständigkeit zurückzuerlangen oder sich nur auf ein reduziertes Einkommen einzurichten. Damit wäre der Ehe der Charakter der lebenslangen Versorgungsgemeinschaft tatsächlich genommen. Ist die Zeit dafür bereits reif?
Anm. d. Red.: Der Beitrag ist in dem Sammelband "40 Jahre Familienrechtsreform", hrsg. von Isabell Götz und Klaus Schnitzler, 2017 im C.H. Beck Verlag erschienen. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags, der Autorin und der Herausgeber.
Autor: Birgit Niepmann , Direktorin des Amtsgerichts, Bonn
FF 12/2018, S. 471 - 479