Das Nichterscheinen eines Beteiligten zu einem Verhandlungstermin kann, sofern nicht bereits unmittelbar auf diesen Termin die Endentscheidung ergeht, die Grundlage für eine Zurückweisung des Parteivorbringens sein. Der dem Beteiligten dabei potentiell zur Last zu legende Umstand ist die ausgebliebene Ergänzung seines Vorbringens im Rahmen der persönlichen Anhörung in Ermangelung seiner Teilnahme am Termin.
Zentrale Vorschrift für die Zurückweisung von verspätet vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln ist für Familienstreitsachen und Ehesachen § 115 S. 1 FamFG. Dieser geht als lex specialis zu § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG den allgemeinen zivilprozessualen Regelungen vor. Zudem sind die dortigen Regelungen nach der ausdrücklichen Anordnung des § 115 S. 2 FamFG abschließend. Dabei gilt die Reichweite der Präklusionsvorschrift nur innerhalb des Geltungsbereichs des Beibringungsgrundsatzes. Soweit für eheerhaltende Tatsachen gemäß § 127 Abs. 2 FamFG der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, ist eine Zurückweisung gemäß § 115 S. 1 FamFG ausgeschlossen.
Die Zurückweisung bezieht sich dabei auf Angriffs- und Verteidigungsmittel und betrifft sämtliche streitigen Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.d. § 282 ZPO. Rechtsausführungen der Beteiligten sind demgegenüber keine tauglichen Mittel des Angriffs bzw. der Verteidigung ("iura novit curia"). Der – auch: durch die persönliche Anhörung des Beteiligten klargestellte oder ergänzte – Sachvortrag des Beteiligten ist dabei in jedem Fall ein Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel im Sinne der Vorschrift.
aa) Voraussetzungen
Voraussetzung für eine Zurückweisung des Beteiligtenvorbringens nach einem durch den Beteiligten versäumten Termin und infolgedessen unterbliebener persönlicher Anhörung ist, dass das Beteiligtenvorbringen aufgrund grober Nachlässigkeit nicht rechtzeitig, also verspätet, erfolgt und seine Zulassung das Verfahren verzögern würde.
Verspätet ist das Vorbringen im Rahmen der Prüfung des § 115 S. 1 FamFG, wenn es unter Verstoß gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht der Partei gemäß § 282 ZPO erfolgt. Demnach ist das Vorbringen im Hinblick auf § 282 Abs. 1 ZPO rechtzeitig, wenn die Partei das Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der mündlichen Verhandlung so rechtzeitig vorbringt, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Auch nach Ablauf von gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 ZPO gesetzter Fristen erfolgender Vortrag ist verspätet.
Das Verfahren muss bei Zulassung des verspäteten Vorbringens verzögert werden. Nach dem vorzugswürdigen absoluten Verzögerungsbegriff kommt es für die Verzögerung allein darauf an, ob der Rechtsstreit bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung.
Die Verspätung muss auf grober Nachlässigkeit des Beteiligten beruhen. Grobe Nachlässigkeit ist dabei die besondere Sorglosigkeit durch Missachtung von Umständen, die jedem Verfahrensbeteiligten ohne Weiteres einleuchten müssen. Ein etwaiges Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten wird dem Beteiligten in diesem Zusammenhang zugerechnet.
Schließlich ist eine weitere Voraussetzung die Kausalität zwischen Verspätung und Verzögerung. Dabei muss die Verletzung der Verfahrensförderungspflicht die alleinige Ursache der Verzögerung sein. Anderenfalls – insbesondere bei Mitursächlichkeit von Fehlern des Gerichts oder Dritter – ist die Zurückweisung unstatthaft.