§ 1361 Abs. 1 S. 1 BGB normiert, dass ein Ehegatte von dem anderen den, nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen kann, wenn die Ehegatten getrennt leben.
Was aber gilt, wenn die Ehegatten vor der Trennung nie zusammen in einem Haushalt gelebt und gemeinsam gewirtschaftet haben? Und kann in solchen Fällen überhaupt von den Lebensverhältnissen der Ehegatten gesprochen werden?
Damit hatte sich das OLG Frankfurt in dem vorliegenden Fall wieder einmal zu beschäftigen und bleibt dabei der höchstrichterlichen Rechtsprechung treu, indem Trennungsunterhalt gewährt wird, obwohl die mittlerweile in Trennung lebenden Ehegatten zuvor nie zusammen in einem Haushalt gelebt haben und wirtschaftlich unabhängig geblieben sind. Dem ist zuzustimmen.
Heutzutage gibt es die verschiedensten Formen der Ehe. Die klassische Versorger- und Hausfrauenehe mit eigenen Kindern, bei welcher der eine Ehegatte sich um den Haushalt und die Kinder kümmert, während der andere Ehegatte das Geld für die Familie nach Hause bringt, entspricht nicht mehr dem Leitbild der Gesellschaft. Vielmehr haben meist beide Ehegatten ihr eigenes Einkommen und teilen sich den Haushalt sowie gegebenenfalls die Erziehung der Kinder. Es verwundert daher nicht, dass Ehegatten immer unabhängiger von einander werden und sich daraus die verschiedensten Ausprägungen des ehelichen Zusammenlebens entwickeln. Dabei kann es aufgrund unterschiedlichster Motive dazu kommen, dass die Ehegatten wirtschaftlich unabhängig bleiben und unter Umständen sogar zwei unabhängige Haushalte führen. Es kann wie im streitgegenständlichen Fall sein, bei dem die Ehe arrangiert und der Zusammenzug erst nach der Eheschließung und dem Finden einer Arbeitsstelle durch die Ehefrau am Wohnort des Ehemannes geplant war, wozu es aufgrund der zuvor vollzogenen Trennung nicht mehr kam. Genauso kommt es jedoch vor, dass ein Ehegatte berufsbedingt an einem anderen Ort leben muss und deswegen zwei Haushalte geführt werden. Oder aber, dass zwar ein gemeinsamer Haushalt geführt wird, ein gemeinsames Wirtschaften aber nicht erfolgt, sondern jeder weiterhin über seine Einnahmen verfügt und alle gemeinsamen Ausgaben akribisch geteilt werden.
Bei solchen Konstellationen des ehelichen Zusammenlebens, bei denen während der Ehe keine wirtschaftliche Abhängigkeit entstanden und gelebt wurde, kann man sich zu Recht die Frage stellen, ob im Fall der Trennung die Leistung von Trennungsunterhalt gerechtfertigt ist. Die Frage, die sich noch mehr aufdrängt ist jedoch, warum in solchen Konstellationen überhaupt geheiratet wurde. Und darin liegt nach diesseitiger Auffassung die Antwort auf die hier zu beantwortende Frage. Durch die Eheschließung verpflichten sich die Ehegatten zum gegenseitigen Unterhalt. Auf Familien- und Trennungsunterhalt kann dabei nicht wirksam verzichtet werden. Dieses Mindestmaß an gegenseitiger Fürsorge bringt die Ehe zwingend mit sich. Ist diese Folge nicht gewünscht, steht es jedem frei, auch ohne eine eheliche Verbindung zusammenzuleben. Die Ehe steht jedoch unter dem in Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährten besonderen Schutz. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass die Ehe – trotz der Entwicklung der Gesellschaft dahingehend, dass die besondere Fürsorge zwischen Ehegatten nicht mehr so essentiell ist – nicht zu einer rechtlosen Hülle verkommt. Entsprechend muss zumindest an den nicht disponiblen Rechten und Pflichten der Ehegatten auch zukünftig festgehalten werden.
Demnach darf für die Geltendmachung des Trennungsunterhaltes nicht entscheidend sein, ob sich die Ehegatten während der intakten Ehe gemäß §§ 1360, 1360a BGB – sei es durch Haushaltsleistungen oder Geld – gegenseitig unterhalten haben oder wie der BGH bereits im Jahr 1987 ausführt, "in welchem Maße die Ehegatten im Einzelfall ihre Einkünfte für den Unterhalt des anderen und für eine gemeinsame Lebensführung verwendet haben". Entscheidend ist vielmehr das gegenseitige Versprechen durch die Eheschließung füreinander in jeder Situation zu sorgen. Hierauf können sich die Ehegatten verlassen und ihr gemeinsames Eheleben auf diese Sicherheit aufbauend entsprechend ihrer individuellen Bedürfnisse gestalten. Der teilweise in der Literatur und vereinzelt auch Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass kein Anlass besteht, vom Prinzip der Eigenverantwortlichkeit abzurücken und daher keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt anzuerkennen ist, sofern zwischen Ehegatten kein gemeinsamer Lebensbereich entstanden ist und die eheliche Solidarität damit nie in Kraft trat, kann demnach nicht gefolgt werden. So wird verkannt, dass eheliche Solidarität allein durch das sich gegenseitig gegebene Eheversprechen entsteht, selbst wenn nie zusammengelebt wurde.
Für eine mögliche Verwirkung nach § 1579 BGB ist – wie durch die Entscheidung des OLG bestätigt – ebenso kein Raum. § 1361 Abs. 3 BGB verweist lediglich auf § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB und nicht auf § 1579 Nr. 1 BGB. Die...