BGB § 816 Abs. 2 § 1626 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 § 1664

Leitsatz

1. Kontoinhaber eines Sparkontos ist derjenige, der nach dem erkennbaren Willen des das Konto eröffnenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll (Anschl. an BGH, Urt. v. 25.4.2005 – II ZR 103/03, FamRZ 2005, 1168 und v. 2.2.1994 – IV ZR 51/93, FamRZ 1994, 625). (Rn 14)

2. Daraus, dass die Eltern ein auf den Namen ihres minderjährigen Kindes angelegtes Sparbuch nicht aus der Hand geben, lässt sich nicht typischerweise schließen, dass sie sich die Verfügung über das Sparguthaben vorbehalten wollen (Abgrenzung zu BGH Urt. v. 18.1.2005 – X ZR 264/02, FamRZ 2005, 510 und v. 9.11.1966 – VIII ZR 73/64, BGHZ 46, 198 = FamRZ 1967, 37). (Rn 18)

3. Für die Frage, ob einem Kind Ansprüche gegen seine Eltern wegen von diesen vorgenommenen Verfügungen über ein Sparguthaben zustehen, ist das Innenverhältnis zwischen Kind und Eltern maßgeblich; der rechtlichen Beziehung zur Bank kommt insoweit nur indizielle Bedeutung zu. (Rn 22)

BGH, Beschl. v. 17.7.2019 – XII ZB 425/18 (OLG Frankfurt, AG Biedenkopf)

Aus den Gründen

Gründe: I. [1] Die Antragstellerin nimmt ihren Vater auf Zahlung in Anspruch, weil er von einem auf ihren Namen eingerichteten Sparbuch Geld abgehoben hat.

[2] Die Antragstellerin ist die im Oktober 1996 geborene Tochter des Antragsgegners und seiner damaligen Ehefrau. Die Ehegatten trennten sich im Jahr 2012 und sind seit Mitte 2016 rechtskräftig geschieden.

[3] Mit Kontoeröffnungsantrag vom 14.2.1997 wurde ein Sparkonto eröffnet, auf dem die Eltern Geld für die Antragstellerin ansparen wollten. Der Antrag führte die Antragstellerin als "1. Kundin" und den Antragsgegner als "2. Kunde" auf und wurde nur vom Antragsgegner unter "2. Kundin/Kunde oder gesetzl. Vertreter/in" unterschrieben. Das auf den 18.2.1997 datierende "Zusatzblatt" benannte die Antragstellerin als Kundin und die Eltern als Vertretungsberechtigte, die mit dem Zusatz "gesetzl. Vertreter/in" unterschrieben. Der mögliche Zusatz "Kundin/Kunde" wurde bei diesen Unterschriften durchgestrichen. Weiter ist in dem Zusatzblatt ausgeführt: "Die gesetzlichen Vertreter stimmen der Kontoeröffnung zu. Bis zur Volljährigkeit der Minderjährigen sollen die gesetzlichen Vertreter jeder für sich allein verfügungsberechtigt sein. (…) Die Minderjährige soll ohne gesonderte Zustimmung der gesetzlichen Vertreter Kontoverfügungen vornehmen dürfen." Die Bank stellte das Sparbuch daraufhin auf den Namen der Antragstellerin aus und übersandte den Eltern mit einem an die Antragstellerin zu Händen der Eltern adressierten Schreiben jeweils eine "Urkunde über die Vertretungsberechtigung" ihrer Tochter als "Sparerin". Das Schreiben wurde wie folgt eingeleitet:

Zitat

"Wir freuen uns, daß Sie als Vertretungsberechtigte(r) einer/eines Minderjährigen ein (…) Sparbuch eröffnet haben."

Einen Freistellungsauftrag vom Dezember 2006 unterschrieben die Antragstellerin als "Kundin/Kunde" und die Eltern unter der Rubrik "Ehegattin/Ehegatte oder gesetzliche/r Vertreter/in". Im März 1997 legten die Eltern zudem bei einem anderen Kreditinstitut ein weiteres auf den Namen der Antragstellerin lautendes Sparbuch an, das Anfang 2014 ein Guthaben von rund 3.800 EUR aufwies und nach dem übereinstimmenden Willen der Eltern einem im Jahr 2002 in die Familie aufgenommenen Pflegekind zustehen sollte.

[4] Das streitgegenständliche Sparbuch nahmen entweder die Eltern gemeinsam oder der Antragsgegner allein in Besitz, ohne dass die Antragstellerin es jemals sah. Es erfolgten diverse Einzahlungen auf das Sparkonto, die aus Kindergeld und sonstigen angesparten Beträgen, aber nicht aus dem Taschengeld der Antragstellerin oder von Dritten stammten. Von November 2010 bis Juli 2011 hob der Antragsgegner, der sich um die finanziellen Angelegenheiten der Familie kümmerte, ohne Rücksprache mit seiner Ehefrau oder der Antragstellerin insgesamt 17.300 EUR von dem Sparkonto ab. Das verbleibende Guthaben von rund 242 EUR gab er im Zusammenhang mit dem Zugewinnausgleich nicht an und übergab das Sparbuch mit diesem Guthaben Anfang 2015 der Antragstellerin.

[5] Das Amtsgericht hat dem auf Zahlung von 17.300 EUR nebst Zinsen gerichteten Begehren der Antragstellerin stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht diesen Beschluss abgeändert und den Antrag abgewiesen.

[6] Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie das Ziel der Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses verfolgt.

II. [7] Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

[8] 1. Das Oberlandesgericht hat seine in FamRZ 2019, 457 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

[9] Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf den begehrten Schadensersatz nach § 1664 BGB. Aus dieser Vorschrift folge nicht nur ein Haftungsmaßstab, sondern zugleich die Anspruchsgrundlage. Ein Verstoß des Antragsgegners gegen die ordnungsgemäße Ausübung seiner Vermögenssorge li...

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