Beim Ehegattenunterhalt hat die Rechtsprechung nachfolgende Problemlagen behandelt, die u.a. die Auswirkungen der Corona-Pandemie zum Gegenstand hatten, aber auch in anderen Rechtsfragen Klärung, Fortentwicklung und Anstöße gebracht haben.
1. Erwerbsobliegenheit in Zeiten der Corona-Pandemie
Die Erwerbsobliegenheit eines getrenntlebenden Ehegatten, der Kinder im schulpflichtigen Alter betreut, kann vor dem Hintergrund pandemiebedingter Einschränkungen des Schulbetriebs eingeschränkt sein. Dies gilt wegen der fehlenden Gewährleistung einer durchgehend schulpräsenten Betreuung der Kinder. Mit einem Abklingen der Pandemie und einer gewährleisteten, durchgehenden Präsenzbetreuung werden die unterhaltsrechtlichen Anforderungen indes wieder steigen.
2. Obliegenheiten bei Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts
Der Altersvorsorgeunterhalt gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ist ein zweckgebundener, in der Entscheidung besonders auszuweisender Bestandteil des nachehelichen Unterhalts, den der Unterhaltsberechtigte für eine entsprechende Versicherung zu verwenden hat. Im Fall einer zweckwidrigen Verwendung der als Vorsorgeunterhalt geleisteten Beträge ist er so zu behandeln, als hätten diese zu einer entsprechenden Versicherung geführt. Dem Unterhaltsberechtigten steht es dabei frei, den Altersvorsorgeunterhalt als freiwillige Leistung in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen oder ihn ganz oder teilweise für eine private Altersvorsorge, insbesondere eine private Rentenversicherung, zu verwenden.
Wenn der Unterhaltsberechtigte – wie im entschiedenen Fall – eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht abschließt, hält sich dies im Rahmen der Zweckbindung. Der Zweck des Altersvorsorgeunterhalts besteht darin, dass die aus dem angesparten Kapital fließenden Renteneinkünfte zur Deckung des Bedarfs im Alter zur Verfügung stehen. Durch eine optionale Kapitalleistung wird dieser Zweck nicht beeinträchtigt. Das gilt jedenfalls dann, wenn die vertragliche Fälligkeit der Kapitalleistung der erstmaligen Fälligkeit der Rentenleistung entspricht und ein vorzeitiger Bezug der vertraglichen Versicherungsleistung nicht möglich ist. Eine private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht lässt sich sodann im Fall der Ausübung des Kapitalwahlrechts bei der künftigen Unterhaltsbemessung vereinfacht in der Weise berücksichtigen, dass der optional mögliche Rentenbezug nach Treu und Glauben als unterhaltsrechtliches Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen ist.
Ist das Interesse des Unterhaltspflichtigen an einer zweckentsprechenden Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts gewahrt, kann der Unterhaltsberechtigte die Anlage- und Leistungsform grundsätzlich frei wählen. Ihn trifft nicht die Obliegenheit, insbesondere im Rahmen des steuerlichen Realsplittings, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zum Sonderausgabenabzug berechtigenden zertifizierten Rentenversicherung (etwa in die sog. Rürup-Rente) anzulegen.
3. Konkrete Bedarfsbemessung-Widerlegung der Verbrauchsvermutung
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur konkreten Bedarfsbemessung besteht eine Vermutung, dass ein Familieneinkommen bis zur Höhe des Doppelten des höchsten in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Einkommensbetrags vollständig für den Lebensbedarf verwendet worden ist. Dem Unterhaltspflichtigen steht indes die Möglichkeit offen, die tatsächliche Verbrauchsvermutung zu erschüttern. Hierfür ist von dem Unterhaltspflichtigen nicht der volle Beweis des Gegenteils zu erbringen, denn auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO keine Anwendung. Tatsächlichen Vermutungen wird lediglich eine Bedeutung bei der Beweiswürdigung in dem Sinne zugemessen, als sie einen Anscheins- oder Indizienbeweis für die behauptete Tatsache begründen können. An der Beweis- und Darlegungslast des Beweispflichtigen ändert sich hingegen nichts. Dabei wird der Anschein bereits durch den Nachweis der ernsthaften Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs entkräftet. Dabei waren für das Oberlandesgericht im Wesentlichen zwei Gesichtspunkte maßgeblich. So spreche die von der Ehefrau ursprünglich vorgenommene konkrete Bedarfsermittlung und der von ihr mit einem Betrag von insgesamt 3.076 EUR bezifferte Elementarbedarf bereits eindeutig gegen die Annahme, die beteiligten Ehegatten hätten während der Ehe ein verfügbares Gesamteinkommen von 11.000 EUR im Monat verlebt. Weiter werde die tatsächliche Verbrauchsvermutung auch durch das von den Beteiligten während der Ehe geführte Haushaltsbuch erschüttert. In der Zeit von Januar 2004 bis einschließlich Dezember 2015, als dem...