Aktuelle Themen im Familienrecht

Einführung

Herbsttagung und Mitgliederversammlung der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht vom 29.9. bis 1.10.2022 in Leipzig

240 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung gefolgt und konnten zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie endlich wieder Erfahrungen direkt und persönlich austauschen, sich über wichtige Themen informieren und fortbilden. Zusätzlich nahmen etwa 200 Personen an dem parallel angebotenen Online-Angebot teil, eine überaus erfolgreiche Tagung.

In den Vorträgen informierten namhafte Referenten und Referentinnen aus der Anwalt-, Richter- und Wissenschaft über wichtige Themen im Familienrecht. DAV-Präsidentin Edith Kindermann, Ehrengast der Familienanwälte und gleichzeitig Referentin, sprach über Haftungsfallen beim Vergleich in Familienstreitsachen. Zu den Risikofaktoren, die sie in diesem Zusammenhang erwähnte, gehören unter anderem die Fristversäumnis, die Unkenntnis des materiellen Rechts, das Führen aussichtsloser Prozesse und der unklare Umfang des Mandats. Auch besondere Eile, etwa der Wunsch, Teilkomplexe abzuschließen, obwohl diese mit anderen Fragen zusammenhängen, oder unsichere und unentschlossene Mandanten können Gefahren bergen. Die Rechtsanwältin und Notarin gab zahlreiche Tipps, wie den Risiken und Gefahren begegnet werden kann.

Überzahlter Unterhalt – Strategien gegen die Entreicherung

Rechtsanwalt Dr. Mathias Grandel, Augsburg, erläuterte Strategien, wie überzahlter Unterhalt vermieden oder zurückgeholt werden kann. Das Problem sei verstärkt erst nach der Unterhaltsreform aufgetreten, weil seitdem die Gerichte die sofortige Wirksamkeit der festgesetzten Unterhaltsbeträge auch vor Eintreten der Rechtskraft einer Unterhaltsentscheidung anordnen können. Wenn dann der Unterhaltspflichtige in der Beschwerdeinstanz Recht bekommt, kann es schwierig werden, die zu viel gezahlten Beträge zurückzuerhalten. Grandel erwähnte in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte und vor allem des BGH, auf die bei entsprechenden Anträgen gegen die Vollstreckbarkeit verwiesen werden sollte. Ebenso lieferte er Zitate aus den Gesetzesmaterialien, die helfen können, das Recht für den Mandanten gegen die Vollstreckung durchzusetzen, um so eine Überzahlung zu vermeiden. Um zu vermeiden, dass eine Überzahlung nicht zurückgezahlt werden kann, weil die Unterhaltsberechtigte bedürftig ist und der Einwand der Entreicherung greift, könnte ein zins- und tilgungsfreies Darlehen angeboten werden, verbunden mit der Verpflichtung, auf Rückzahlung zu verzichten, falls es beim zugesprochenen Unterhalt bleibt. Allerdings sei dies nicht die beste Strategie gegen die Entreicherung, Grandel empfahl eher die Formulierung eines Hilfsantrages auf Rückforderung des zukünftig aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung zu zahlenden Unterhalts im Beschwerdeverfahren und lieferte die Formulierung gleich mit.

Weitere Themen aus der familienrechtlichen Praxis

Mit ähnlich praxisrelevanten Themen befassten sich weitere Referate der Tagung. Über Einkommensermittlung referierte Prof. Dr. Alexander Schwonberg, Vors.RiOLG Celle, über Stolperfallen im Verfahrensrecht sprach Rechtsanwalt Dr. Franz-Thomas Roßmann, Volkach am Main und Arndt Voucko-Glockner, Versorgungs- und Rentengutachter, Karlsruhe, informierte darüber, wie der Versorgungsausgleich fair gestaltet werden kann.

In mehreren Vorträgen wurde das Kind in den Mittelpunkt gestellt, unter anderem bei Fragen des Umgangs- und Sorgerechts, in denen es angehört werden muss. Sophie Warning-Peltz, Diplom-Psychologin, Buchholz in der Nordheide, sprach über die Bedeutung und Aussagekraft des kindlichen Willens aus psychologischer Sicht im familienrechtlichen Verfahren und brachte anschauliche Beispiele aus ihrer rechtspsychologischen Praxis. Prof. Dr. Mallory Völker, RiOLG Saarbrücken, erörterte eingehend die Subjektstellung des Kindes im Verfahrensrecht. Er begann seinen Vortrag mit einem Überblick – wie die Kinderrechte im Völkerrecht, im Europa- und im Verfassungsrecht festgeschrieben sind –, um dann eine Reise durch den nationalen Instanzenzug anzutreten. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand die Anhörung des Kindes, wie sie sach- und fachgerecht durchzuführen ist, und wie die Familienanwälte agieren können. Aber auch die Rolle der Eltern im Verfahren und die Stellung des Verfahrensbeistandes wurden beleuchtet.

Psychologie für Juristen

Der Blick über den Tellerrand des Familienrechts, ein fester Bestandteil der Herbsttagungen, richtete sich diesmal auf die Psychologie. "Wie kann Manipulation erkannt werden und was kann ich dagegen tun?"– eine Fragestellung, die auch für Familienanwälte relevant sein kann. Prof. Dr. Peter Fischer, der den Lehrstuhl für Sozial-, Arbeits- Organisations- und Wirtsc haftspsychologie an der Universität Regensburg innehat, bot in seinem Vortrag Einblicke in seine Forschungsgebiete, zum Beispiel Psychologie der Digitalisierung, Psychologie der Arbeitssicherheit und der menschlichen Aggression. In zwei ausführlichen Workshops konnten interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer das neu gewonnene Wissen über Verhaltensbeeinflussung und kogniti...

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