Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist von Interesse, weil in diesem Einzelfall der unterhaltsverpflichtete Ehemann in der Trennungsphase bereits die Ehefrau so massiv unter Druck gesetzt hat, dass diese die unstreitig bestehende eheähnliche Lebensgemeinschaft nicht zu einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgebaut hat, wie dies an sich möglich gewesen wäre. Eingeräumt hatte die Ehefrau, dass sie im Juli 2019 mit dem Zeugen K. ein Paar geworden ist. Der Freund hat fünf bis sechs Mal in der Woche bei ihr übernachtet. Er hatte auch einen Schlüssel für das Haus. Außerdem sind gemeinsame Reisen im Herbst 2019 und Sommer 2020 erfolgt. Normalerweise wäre demzufolge schon im Dezember 2022, nach zweieinhalb Jahren, Verwirkung denkbar gewesen. Der Senat ist allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass man im vorliegenden Fall eine Verfestigung vor einem Zeitraum von drei Jahren nicht annehmen könne, weil der Ehemann laufend massiv Druck ausgeübt hat, es zu Anfeindungen kam und das übergriffige Verhalten des Ehemannes so belastend gewesen sei, dass der Zeuge sich die Entscheidung über die Beziehung habe länger überlegen müssen, weil er den Stress der Antragstellerin mit dem Antragsgegner mitbekommen habe.

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Unterhaltsüberweisungen, die unnötig Beleidigungen aller Art enthalten haben. Möglicherweise wäre der Senat auch zu einem anderen Ergebnis gekommen und hätte die Verwirkung schon zeitlich früher durchgreifen lassen, wenn bei der Beweisaufnahme nicht herausgekommen wäre, dass das gemeinsame Bauprojekt, wovon die Rede war, nicht in Angriff genommen worden ist. Hieraus hätte man in jedem Fall auch bei einer teilweise nicht verfestigten Beziehung einen früheren Zeitrahmen annehmen können.

Aus dem Beschluss des OLG lässt sich ableiten, dass der Ehemann seinen Frust und die Wut besser unter Kontrolle hätte haben müssen, und er insofern, von wem auch immer beraten, sinnvollerweise nicht auch noch schriftlich seine Enttäuschung über das Verhalten seiner Ehefrau deutlich gemacht hat.

Wichtig ist im Übrigen auch noch, dass der Senat, ebenso wie das Amtsgericht, auch bei der Berechnung des Einkommens die Anrechnung eines Versorgungsentgeltes wegen Versorgungsleistungen durch die Ehefrau für den Lebensgefährten abgelehnt hat, weil sie neben der Teilerwerbstätigkeit auch die beiden Kinder betreut hat.

Wäre dieser Nachweis der Ehefrau nicht gelungen, hätte man Nr. 6 (Haushaltsführung) der Leitlinien des OLG Düsseldorf – aber auch gleichlautend des OLG Köln, Stand 1.1.2022, heranziehen können. In diesem Fall wäre nämlich der Einwand des Ehemannes zutreffend gewesen, dass bei Haushaltsführung durch einen nicht Erwerbstätigen in der Regel 200 EUR bis 550 EUR angerechnet werden können, vor allem wenn einem leistungsfähigen Dritten der Haushalt durch die Ehefrau geführt wird. Auch dieser Einwand zog demzufolge bei der Berechnung des zu berücksichtigen Einkommens nicht.

Für die Anwaltschaft lässt sich hieraus der Schluss ziehen, dass der Unterhaltsverpflichtete dahingehend beraten werden muss, dass er sich zurückzuhalten hat und man ihn auf die Konsequenzen eines derartigen übergriffigen Verhaltens hinweisen muss. Offenkundig ist der viel zu intensiv handelnde unterhaltsverpflichtete Ehemann, vor allem in dem Anfangsbereich der Beziehung seiner Ehefrau zu dem anderen Mann, nicht zurückgehalten worden.

Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen

FF 12/2022, S. 507 - 509

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