1. Elternkonfliktverfahren werden auf Antrag eingeleitet. Der Antrag nach § 1671 BGB ist sowohl Verfahrens- wie auch Sachantrag. Mit dem Antrag wird das Verfahren eingeleitet, zugleich tritt aber auch eine Bindung des Gerichts ein, denn es darf über den Sachantrag nicht hinausgehen. Das Antragserfordernis ist Abbild der Kompetenzverteilung gemäß Art. 6 Abs. 2 GG auch für getrennt lebende Familien. In den Fällen, in denen beide Eltern gewillt sind, die gemeinsame Verantwortung für ihr Kind nach der Ehescheidung [oder Trennung] weiter zu tragen, bedarf es keiner Schlichtung widerstreitender Interessen der Eltern durch den Staat. Die Notwendigkeit des Antrags nach § 1628 BGB als Verfahrenseinleitungsvoraussetzung findet ihre Rechtfertigung darin, dass den Eltern die Entscheidung darüber zu überlassen ist, wie sie ihre Meinungsverschiedenheiten bei Ausübung der elterlichen Sorge bereinigen wollen, solange das Wohl des Kindes nicht gefährdet ist. Das Antragserfordernis ist also Ausdruck der Familienautonomie.
2. Für Kinderschutzverfahren nach den §§ 1666, 1666a BGB dagegen gilt das Offizialprinzip. Die Einleitung des Verfahrens erfolgt von Amts wegen. "Anträge", Anzeigen, Mitteilungen, Anrufungen (§ 8a Abs. 2 SGB VIII) sind als Anregung zur Einleitung eines Verfahrens im Sinne des § 24 Abs. 1 FamFG zu qualifizieren. Die "Anträge" selbst haben keine verfahrensbegründende Wirkung. Dies ergibt sich aus der Funktion des staatlichen Wächteramtes, dessen Ausübung nicht von der Initiative Privater oder von Behörden abhängen kann. Auch bleibt es dem Familiengericht vorbehalten, im Falle einer Kindeswohlgefährdung den Umgang von Amts wegen zu regeln oder nach § 1684 Abs. 4 BGB einzuschränken oder auszuschließen. Der Charakter als Amtsverfahren entscheidet über Anfang und Ende des Verfahrens. Kindesschutzverfahren sind von Amts wegen (ex officio) einzuleiten und erst dann zu beenden, wenn der Familienrichter alle erheblichen Tatsachen ermittelt hat, um sich selbst eine Überzeugung davon bilden zu können, ob und welche familiengerichtlichen Maßnahmen erforderlich sind.
Beispiele:
a) Wenn die Familienrichterin in einem Gewaltschutzverfahren oder einem Umgangsverfahren Kenntnis davon erlangt, dass ein Kind in seinem seelischen oder körperlichen Wohl gefährdet sein könnte und die Eltern die Gefahr möglicherweise nicht abwenden können oder wollen, darf sie nicht auf einen Antrag eines Elternteils oder des Jugendamts warten, sondern muss von Amts wegen ein Verfahren einleiten, ermitteln und prüfen, ob und welche familiengerichtliche Maßnahmen zum Schutz des Kindes erforderlich sind.
b) Wenn das Jugendamt in einer wegen massiver Schulversäumnisse des Kindes eingeleiteten Kindesschutzsache dem Familienrichter mitteilt, das Verfahren solle beendet werden, weil die Leitung des Jugendamts vor dem Hintergrund eines akuten Personalengpasses angeordnet habe, dass bis auf Weiteres nur noch den schlimmsten Fällen nachgegangen werden könne, darf der Familienrichter das Verfahren nicht einstellen. Das überragende Rechtsgut des Kindeswohls verpflichtet das Gericht, sein Wächteramt aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG wahrzunehmen und sich rechtsfürsorgend einzumischen, auch wenn dies sonst niemand begehrt. Das Rechtsgut des Kindeswohls ist nicht disponibel.
3. Sonderfälle stellen die §§ 1632 Abs. 4 und 1682 BGB dar. Hier wird das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson tätig. Für die Verfahren nach § 1684 Abs. 3 BGB hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es sich um grundsätzlich nicht antragsgebundene Verfahren handle. Coester-Waltjen schlägt dagegen vor, in verfassungskonformer "Auslegung" die Kindeswohlerforderlichkeit auch in § 1684 Abs. 3 BGB hineinzulesen und eine amtswegige Konkretisierung der Umgangsbefugnisse (und damit einen Eingriff in die Elternautonomie) nur zuzulassen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist.