[14] 2. Zu Recht geht die Revision davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Abänderung des Vergleichs vorliegen.

[15] a) Die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. findet nach ständiger Rechtsprechung des BGH auf Vergleiche keine Anwendung. Die Abänderung eines Prozessvergleichs richtet sich allein nach materiell-rechtlichen Kriterien (Senatsurt. BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 12 f. m.w.N.). Dabei ist – vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage – durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine bindende Regelung hinsichtlich einer möglichen Herabsetzung bzw. Befristung getroffen haben (vgl. Senatsurt. BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 13 m.w.N.).

[16] Die Parteien haben sich letztmalig im Jahr 2003 über den nachehelichen Unterhalt verständigt. Ob dieser Vergleich eine bindende Regelung hinsichtlich einer möglichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten (Herabsetzung bzw. Befristung) enthält, hat das Berufungsgericht nicht geprüft und demgemäß die gebotene Auslegung des Vergleichs unterlassen. Hierauf kommt es für das Revisionsverfahren indes nicht entscheidend an. Denn selbst wenn eine solche Auslegung zu dem Ergebnis gelangte, dass die Parteien eine spätere Begrenzung des Unterhalts hätten ausschließen wollen, wäre eine Herabsetzung bzw. Befristung nunmehr nach § 313 i.V.m. § 1578b BGB eröffnet. Von daher kommt es auch nicht auf die Frage an, ob der Senat die – grundsätzlich dem Tatrichter obliegende – Auslegung des Vergleichs hier ausnahmsweise selbst vornehmen könnte (vgl. dazu Senatsurt. BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 15 ff., 17).

[17] b) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, § 313 Abs. 1 BGB.

[18] aa) Sofern die Parteien in ihrem Vergleich aus dem Jahre 2003 im Hinblick auf die damals geltende Rechtslage eine Befristung des Unterhaltsanspruchs auf Dauer ausschließen wollten, stellte – wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist – die Änderung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 eine schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage dar, da nunmehr der Anspruch auf Altersunterhalt erstmals einer Befristung zugänglich war.

[19] bb) Gleiches gilt, soweit die Parteien in dem Vergleich die Möglichkeit einer späteren Herabsetzung ausschließen wollten.

[20] Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt, dass sich die rechtlichen Verhältnisse – bezogen auf die Möglichkeit der Herabsetzung – nicht wesentlich geändert haben. Eine Herabsetzung des Unterhaltsmaßes war gemäß § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. schon nach altem Recht möglich, wobei die danach maßgeblichen Abwägungskriterien weitgehend deckungsgleich sind mit den in der Nachfolgevorschrift des § 1578b Abs. 1 S. 2 und 3 BGB spezifizierten Billigkeitsgesichtspunkten (Senatsurt. v. 29.6.2011 – XII ZR 157/09, FamRZ 2011, 1721 Rn 20 und v. 8.6.2011 – XII ZR 17/09, FamRZ 2011, 1381 Rn 21). Die mit Senatsurteil vom 12.4.2006 (XII ZR 240/03, FamRZ 2006,1006) vollzogene Rechtsprechungsänderung betraf lediglich Fälle des Aufstockungsunterhalts, in denen statt auf das Kriterium der Ehedauer nunmehr vorrangig auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abzustellen war (Senatsurt. v. 29.9.2010 – XII ZR 205/08, FamRZ 2010, 1884 Rn 23). Demgegenüber stand die Dauer der hier zu beurteilenden, kinderlos gebliebenen Ehe von rund neun Jahren einer Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. schon nach altem Recht nicht entgegen (vgl. Senatsurt. v. 28.3.1990 – XII ZR 64/89 – FamRZ 1990, 857, 858 f.).

[21] Jedoch hat der Gesetzgeber mit § 1578b BGB den Bestand der bis dahin einer Befristung nicht zugänglichen nachehelichen Unterhaltstatbestände nicht nur hinsichtlich der Dauer, sondern auch bezogen auf die Höhe des Unterhalts einer Revision unterzogen. Nicht nur dass diese erstmals befristet werden können, mit § 1578b Abs. 3 BGB hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, Herabsetzung und Befristung zu kombinieren (BT-Drucks 16/1830 S. 19). Damit kann die Herabsetzung im Rahmen der Billigkeitsabwägung von nun an nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern muss immer auch im Lichte einer kumulativ oder aber auch alternativ möglichen Befristung gesehen werden. Dadurch bekommen die jeweils anzusetzenden Maßstäbe ein anderes Gewicht. Während nach altem Recht die Herabsetzung das einzige und damit auch das einschneidendste Mittel darstellte, um den Unterhalt zu begrenzen, stellt es jetzt das mildere Mittel im Verhältnis zur Befristung dar.

[22] c) Bei der sonach gemäß § 313 BGB im Lichte des § 1578b BGB vorzunehmenden ...

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