Der Versorgungsausgleich kann auch das Ergebnis haben, dass die Renten- oder Pensionskürzung auf Seiten des Verpflichteten merklich höher ausfällt als der Rentenzuwachs auf Seiten des Berechtigten.
In einem Fall sind über Jahre Pensionskürzungen in Höhe von ca. 9.000 bis 10.000 EUR vorgenommen worden, der Erstattungsbetrag der Pensionsbehörde an den Rentenversicherungsträger blieb aber jeweils um mehr als jährlich 500 EUR unter dem Kürzungsbetrag; die Differenz verblieb einfach dem Dienstherrn des Pensionärs (!). Welche Summe der Rentenversicherungsträger der Berechtigten schließlich zugute gebracht hat, ist nicht bekannt. Der Verpflichtete erfährt von alledem nämlich nichts oder allenfalls zufällig. Der Rentenversicherungsträger und die Pensionsbehörde berufen sich – Letztere jedenfalls doch wohl zu Unrecht – auf Datenschutzpflichten; die Berechtigte verweigert jede Auskunft.
Die beteiligten Stellen rechtfertigen ihre Praxis damit, dass die Versorgungsberechtigungen beider Ehegatten nach dem scheidungsbedingten Versorgungsausgleich grundsätzlich einen eigenständigen Verlauf nehmen und damit einem getrennten rechtlichen Schicksal unterliegen. Sie übersehen dabei geflissentlich, dass das Bundesverfassungsgericht schon vor mehr als 30 Jahren entschieden hat:
Zitat
"Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs durch Art. 6 I GG und Art. 3 II GG entfällt dann, wenn einerseits beim Verpflichteten eine spürbare Kürzung seiner Rentenansprüche erfolgt, ohne dass sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirkt. In einem solchen Fall erbringt der Verpflichtete ein Opfer, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten dient, [ … ]. Dies lässt sich weder mit den Nachwirkungen der Ehe (Art. 6 I GG) noch mit der Gleichberechtigung der Ehegatten (Art. 3 II GG) begründen. Eine andere Rechtfertigung ist nicht ersichtlich."
Eine entsprechende "Kürzungsbegrenzungsvorschrift" gibt es aber leider bis heute nicht.
Der genannte Fall ist noch gravierender als die vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fälle. In diesen kamen die Kürzungen zwar nicht dem Berechtigten, aber immerhin noch dem Rentenversicherungsträger, also der Solidargemeinschaft der Versicherten, zugute. In dem genannten Fall profitiert allein der Dienstherr von den überhöhten Kürzungen, obwohl diesem sogar noch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) gegenüber dem Pensionär obliegt.