1. Zur Ausgangslage
Der durch das 1. EheRG eingeführte Versorgungsausgleich bezweckt die gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechten im Alter und bei Invalidität. Er hat grundsätzlich die hälftige Teilung der ehezeitbezogenen Versorgungsanrechte zum Inhalt. Dem Ehegatten mit den wertniedrigeren Anrechten wird so frühzeitig eine eigenständige soziale Sicherung verschafft. Die frühere sog. Geschiedenen-Witwenrente wurde aufgegeben. Die "sozialrechtliche Sicherung der nicht-erwerbstätigen Frau" stand so im Mittelpunkt, dass eine der ersten erläuternden Abhandlungen zum (neuen) Versorgungsausgleich sogleich mit diesem Thema beginnt. Diese Akzentuierung verkennt, dass es sich bei dem Versorgungsausgleich zunächst einmal lediglich um ein (damals neues) familienrechtliches Ausgleichssystem handelt.
Die während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte der Ehegatten werden als das Ergebnis einer gemeinsamen Lebensleistung begriffen. Der BGH stellt die Mitversorgungsidee heraus, nach der mit dem Versorgungsausgleich sichergestellt werden soll, dass die während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte auch nach der Scheidung der gemeinsamen Unterhaltssicherung im Alter und bei Invalidität dienen. Bei beiden Betrachtungen handelt es sich um Fiktionen, die näherer Prüfung kaum standhalten, sodass sich der Versorgungsausgleich "in einer Zone diffuser Legitimation" bewegt.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Versorgungsausgleich grundsätzlich für verfassungskonform und nur einzelne Detailregelungen für verfassungswidrig erklärt. Das daraufhin geschaffene Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich vom 21.2.1983 (VAHRG, BGBl I 105 ff.) und das später erlassene Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8.12.1986 (VAwMG, BGBl I 2317 ff.) haben die verfassungsrechtlichen Mängel beheben sollen, z.B. auch durch eine Erweiterung der Möglichkeiten, Entscheidungen über den Versorgungsausgleich abzuändern (§ 10a VAHRG). Das ist jedoch nur unvollkommen gelungen.
2. Zu Ausgleichsproblemen
Die gesetzeskonforme Ermittlung zu übertragender Rentenanwartschaften hat wiederholt dazu geführt, dass der Ausgleichsberechtigte insgesamt auf einmal sehr viel besser dastand als der Ausgleichspflichtige. Solche Fälle sind "zur Vermeidung verfassungswidriger Auswirkungen bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs" gelegentlich mithilfe der Härteklausel des § 1587c Nr. 1 BGB a.F. korrigiert worden.
Bei geschiedenen Ehegatten mit stärker differenzierten Einkommen hat schon allein der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich alter Prägung sichergestellt, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte durch den Versorgungsausgleich so viele Rentenanwartschaften hat erhalten können, wie er sie selbst nur im günstigsten Fall hätte erreichen können, wenn er während der ganzen Ehedauer versichert gewesen wäre. Alle in Betracht kommenden einschlägigen ehebedingten Versorgungs-Nachteile sind also danach bereits in vollem Umfang ausgeglichen worden. Hat sich ein öffentlich-rechtlich nicht mehr ausgleichsfähiger Restwert ergeben, ist dieser dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich alter Prägung anheim gegeben worden, der dann jedenfalls – in Einzelfällen deutlich – über den Ausgleich ehebedingter Versorgungs-Nachteile hinausgegangen ist. Bereits der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich alter Prägung hat also dem Berechtigten im Alter und bei Invalidität in jedem Fall mindestens den Lebensstandard gewährleistet, den er ohne die Eheschließung erreicht hätte.
Der (zusätzliche) schuldrechtliche Versorgungsausgleich alter Prägung hat dem Berechtigten dann einen höheren Lebensstandard verschafft, als wenn er unverheiratet geblieben wäre. Das ist zu Lasten des Verpflichteten gegangen, der dann seinerseits im Alter oder bei Invalidität den Lebensstandard, den er ohne die Eheschließung erreicht hätte, bei Weitem nicht mehr erreicht hat.
Auch der zeitgenössische Gesetzgeber hat – allgemein – eingeräumt, dass die Ausgleichsmechanismen des bisherigen Rechts häufig Ergebnisse erzielten, die eine angemessene Teilhabe verfehlen und daher der Korrektur bedürfen.