Herbsttagung und Mitgliederversammlung vom 24. bis 26.11.2011 in Darmstadt
Einführung
Die Reformen im Familienrecht waren vielfältig. Die Neuerungen zu kennen und vor allem in der Praxis sicher anzuwenden, ist für die Anwältin und den Anwalt existenziell wichtig. Denn Haftungsfallen lauern überall. Sie zu vermeiden und Tipps für den Alltag in der Rechtsanwaltskanzlei anzubieten, war ein Anliegen der diesjährigen Tagung.
Das Labyrinth der Rechtsmittel
Welches Rechtsmittel ist statthaft? Diese Frage stellt sich wegen der Zweispurigkeit von Familien- und Familienstreitsachen häufig. Wege aus diesem Labyrinth zeigte Dr. Isabell Götz, Richterin am OLG München und Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstages. Zum Beispiel: Die Beschwerde nach § 58 FamFG ist beim Ausgangsgericht einzulegen. Wurde sie jedoch an das Beschwerdegericht adressiert, muss dieses das Schreiben im ordentlichen Geschäftsgang weiterleiten. Wäre der fristgerechte Eingang der Beschwerdeschrift bei der gebotenen Weiterleitung zu erwarten gewesen, ist dem Rechtsmittelführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. In ihrem wie gewohnt erfrischenden Vortrag bildete Dr. Isabell Götz viele lehrreiche Beispiele und gab wertvolle Tipps, die sie mit zahlreichen Zitaten aus der aktuellen Rechtsprechung belegte. Über die Rechtsbeschwerde, die Sprungrechtsbeschwerde, die Untätigkeitsbeschwerde und Rechtsmittel nach Buch 1 und Buch 2 des FamFG erfuhren die interessierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer alle Details.
Die renommierten Referentinnen und Referenten der Tagung aus Justiz und Anwaltschaft informierten über die besonderen Risiken, die bei den zahlreichen Reformen im Familienrecht nicht ausbleiben. "Es ist vorbei mit dem blinden Vertrauen und mit der Gläubigkeit in die Auskunft der Versorgungsträger", sagte Rechtsanwalt Klaus Weil aus Marburg in seiner Einleitung zum Vortrag über "Anträge im Versorgungsausgleich – nur Mut!". Seit den Reformen im Versorgungsausgleichsrecht kann man sich nicht mehr auf die Familiengerichte verlassen, für die das Recht ebenfalls Neuland ist. Das gilt besonders deswegen, weil unrichtige Gerichtsentscheidungen nachträglich kaum noch abgeändert werden können. Deshalb ermutigte Werner Schwamb, Richter am OLG Frankfurt a.M., die Familienanwältinnen und -anwälte, selbst Anträge zu stellen, die zu einem richtigen Ergebnis führen können.
Haftungsfallen im Familienrecht
"Die Folgen der Reformen werden in erster Linie auf dem Rücken der Anwaltschaft ausgetragen", betonte Rechtsanwältin und Notarin Ingeborg Rakete-Dombek aus Berlin, Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht. "Probleme in der Rechtsanwendung sind ebenso wie Unklarheiten bei den Oberlandesgerichten für die Anwälte und Anwältinnen höchst verunsichernd und führen oft geradewegs in die Haftung." In Darmstadt wurden die Anwältinnen und Anwälte gut informiert und mit zahlreichen Ratschlägen für ihre Büroorganisation versorgt (RAin und N'in Ingeborg Rakete-Dombek, Berlin und RA Dr. Mathias Grandel, Augsburg). Über die Steuerfolgen (RA Bernd Kuckenburg, Hannover), über den Vergleich (RAin Dr. Ingrid Groß), die Abänderung des Unterhalts (RiOLG Stuttgart Volker Bißmaier), die verschärfte Darlegungs- und Beweislast (RA beim BGH Prof. Dr. Volkert Vorwerk), die einstweilige Anordnung (VRiOLG Celle Dieter Büte) und die Beschwerde in Familienstreitsachen (VRiOLG Naumburg a.D. Dr. Peter Friederici) informierten die Referenten. Die Teilnehmer der Tagung gewannen neue Erkenntnisse und vertieften das vorhandene Wissen, so dass es in Zukunft für sie leichter wird, die zahllosen Klippen sicher zu umschiffen.
Scheidung auf italienisch
Das Familienrecht in Italien kennt neben der Ziviltrauung die Konkordats-Ehe. Sie hat dieselben Wirkungen wie eine Ziviltrauung. Der Priester gilt hier als öffentlicher Amtsträger. Die standesamtliche Trauung wird in der Regel vom Bürgermeister oder seinem Stellvertreter durchgeführt. Die italienischen Anwältinnen Dr. Patrizia Salati (Verona) und Dr. Viviana Ramon (Frankfurt a.M.) sowie Prof. Dott. Maria Giovanna Cubeddu Wiedemann, LL.M. (Universität Triest), informierten bei dem Symposium über das italienische Familienrecht auch über die Voraussetzungen für die Ehescheidung. Die Scheidung kann erst nach einer dreijährigen Trennungsphase beantragt werden. Das Verschulden eines Ehepartners ist auch in Italien zwar nicht mehr notwendige Voraussetzung für die Trennung, aber auf Antrag kann der Richter festlegen, welchem Ehegatten die Ehetrennung anzulasten ist. Der Blick über den eigenen Tellerrand in andere europäische Staaten ist zur Tradition der Herbsttagung geworden und war auch in Darmstadt ein Erfolg.
Dauerbrenner Unterhalt
Nach dem vorgeschalteten Symposium begann die Tagung mit einem Vortrag zum Thema "Unterhaltsrecht 2014" von Prof. Dr. Dr. H.c. em. Dieter Schwab, Universität Regensburg. Dem Thema näherte er sich – ganz in der Manier eines Börsenanalysten – mit einer Chartanalyse. Seine Charts begannen 1976 – kurz vor der Eherechtsreform – und endeten mit einer vorsichtigen Prognose. Der Streit um die ...