Bei der Überprüfung eines Verzichts auf nachehelichen Unterhalt fasst der BGH seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle eines Ehevertrags zusammen:
Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen vertraglich beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteteten Ehegatten – bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint.
Bei der Wirksamkeitskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung im Scheidungsfall führt, dass ihr – und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung durch die Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten. Dazu ist eine Gesamtwürdigung der individuellen Verhältnisse in objektiver und subjektiver Hinsicht erforderlich. Ein Ausschluss von Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), von Alters- und Krankheitsunterhalt (§§ 1571, 1572 BGB) sowie des Versorgungsausgleichs ist nicht ohne Weiteres sittenwidrig. Das Gesetz kennt keinen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen. Vielmehr muss dafür konkret eine unterlegene Vertragsposition des benachteiligten Ehegatten festgestellt werden.
Für die Ausübungskontrolle nach § 242 BGB kommt es darauf an, ob und inwieweit es einem Ehegatten nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare Belastung ergibt. Ist dies zu bejahen, hat der Richter diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) können dabei auf Eheverträge angewendet werden, wenn und soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung abweicht, welche die Parteien dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben.
Letzteres ist zu bejahen, wenn nach dem Vertragsschluss von der Ehefrau Kinder geboren und unter Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit betreut werden. Soweit ihr dadurch Versorgungsanrechte entgangen sind, kann der Versorgungsausgleich entgegen einem vertraglichen Ausschluss durchgeführt werden. Die zum vollständigen Ausgleich erforderlichen Anrechte können hinsichtlich der gesetzlichen Rentenversicherung dadurch ermittelt werden, dass die ggf. nach § 287 ZPO zu schätzenden Entgelte, die der Ehegatte in den Jahren der ehebedingten Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit bei gedachter vollschichtiger Erwerbstätigkeit hätte erzielen können, in das Verhältnis zum jeweiligen Durchschnittsentgelt aller Versicherten gesetzt und die sich hieraus ergebende Summe aller Entgeltpunkte ermittelt wird. Das Gericht muss die Hypothesen über den Erwerb fiktiver Versorgungsanwartschaften und das damit korrespondierende Arbeitseinkommen einer Plausibilitätskontrolle unterziehen, etwa durch Heranziehung von Erfahrungssätzen im jeweiligen Berufsfeld oder tariflichen Regelwerken. Ein durch den Versorgungsausgleich nicht vollständig ausgeglichener Nachteil kann durch Zuerkennung von Unterhalt behoben werden, solange der Halbteilungsgrundsatz des Versorgungsausgleichs nicht verletzt wird. Dem steht nicht entgegen, wenn eine fehlerhafte Entscheidung des Versorgungsausgleichs vom Berechtigten nicht angefochten wurde, weil ihm deswegen nicht eine mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit i.S.v. § 1579 Nr. 4 BGB anzulasten ist. Der Unterhaltspflichtige muss in keinem Fall einen höheren als den vollen Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) zahlen. Der durch den Vertrag benachteiligte Ehegatte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne Vertrag stünde. Damit bildet etwa die Regelung des § 1570 BGB für einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt die Obergrenze.