Führt man diese Gedanken konsequent weiter, erscheint das – ausnahmslose – Untergehen des Betreuungsunterhaltsanspruchs mit Wiederheirat nicht folgerichtig: Kommt es für den Betreuungsunterhaltsanspruch nicht auf die (nach-)eheliche Solidarität an, kann ihre Aufkündigung das Entfallen des allein dem Kindesinteresse gewidmeten Betreuungsunterhalts nicht rechtfertigen.
Es kann allenfalls auf die Frage ankommen, ob der betreuende Elternteil durch die neue Ehe wirtschaftlich so gestellt ist, dass die persönliche Betreuung des Kindes sichergestellt ist. Ist dem – wie etwa in unserem Ausgangsfall – nicht so, drängt sich der Untergang des Betreuungsunterhaltsanspruchs mit Wiederheirat jedenfalls nicht auf. Im Gegenteil: Aus der Perspektive des Kindes, um dessen Wohl es beim Betreuungsunterhalt letztlich geht, ist der Anspruchsuntergang eher kontraindiziert.
Nicht umsonst sieht das Gesetz an anderen Stellen Kinderschutzklauseln vor, wie etwa in § 1579 BGB, der die Begrenzung des ehelichen Unterhaltsanspruchs wegen grober Unbilligkeit vorsieht. Danach sind im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung stets die Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes zu wahren. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 1981 ausgeführt:
Zitat
"Art. 6 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG gebieten es daher, dass der Gesetzgeber auch im Unterhaltsrecht getrennt lebender und geschiedener Ehegatten jede Regelung vermeidet, die sich für die Entwicklung der Kinder nachteilig auswirken könnte. Mit der Trennung ihrer Eltern ist für die Kinder ohnehin in der Regel eine Verschlechterung ihrer Lebensverhältnisse verbunden. Einmal ist es die auf den Verlust eines Elternteils folgende seelische Belastung, die sie bewältigen müssen, und zum anderen werden sie zwangsläufig auch von den meist ungünstigen wirtschaftlichen Folgen der Trennung und Scheidung betroffen. Kinder getrennt lebender und geschiedener Ehegatten müssen darauf verzichten, mit ihren Eltern in einer Familiengemeinschaft zusammenzuleben. Die abträglichen Folgen dieses gestörten familiären Zustandes würden erheblich verstärkt, wenn sie zudem auch noch weitgehend die Betreuung durch den Elternteil entbehren müssten, dem sie zugeordnet sind, weil dieser auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen wäre. Es entspricht vielmehr dem Wohl des Kindes, wenn es sich auch nach der Trennung seiner Eltern in der Obhut eines Elternteils weiß, der hinreichend Zeit hat, auf seine Fragen, Wünsche und Nöte einzugehen."