Inzwischen sind mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs verfügbar, die eine aktuelle Auslegung des neuen Gesetzes erlauben. In diesen Entscheidungen beschäftigt sich der BGH ausdrücklich mit der Neuregelung.
Ehedauer: 25 Jahre, 2 Kinder
In diesem Fall ging es um eine Doppelverdiener-Ehe in der früheren DDR. Aus der Ehe waren zwei Kinder hervorgegangen. Die Ehefrau hatte eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgegeben und ehebedingt ihren Arbeitsplatz gewechselt (Umschulung zur Bauzeichnerin). Den vom OLG zugesprochenen nachehelichen Unterhalt hat der Familiensenat des BGH passieren lassen und die Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung zurückgewiesen.
Hierbei hat sich der BGH zum ersten Mal erkennbar mit dem neuen § 1578b BGB in der Fassung ab 1.3.2013 auseinandergesetzt. Die Begrenzung des Unterhalts war durch das OLG gegenwärtig nach § 1578b BGB abgelehnt worden, dies hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
Allerdings musste sich der BGH mit den Einzelheiten des neuen Gesetzes nicht explizit auseinandersetzen, weil die Würdigung des OLG, es seien ehebedingte Nachteile nachgewiesen, nicht beanstandet worden ist.
Wörtlich heißt es weiter:
Zitat
"Ebenso wenig ist etwas dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht bei seiner Entscheidung zusätzlich die lange Dauer der Ehe von 25 Jahren berücksichtigt hat (vgl. § 1578b BGB Abs. 1 Satz 3 BGB alter Fassung und § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB seit 1. März 2013 geltenden Fassung)“ (Rn 45)."
Es sei schließlich folgerichtig, dass das OLG auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellung eine Herabsetzung des Unterhalts gemäß § 1578b BGB abgelehnt hat.
Ehedauer: 33 Jahre, 2 Kinder, neue zweite Ehe
In dieser Entscheidung ist die Frage der Ehedauer zum Gegenstand der Entscheidung gemacht worden. Auf die Revision ist das Urteil aufgehoben und zurückverwiesen worden.
In diesem Fall geht es um eine Rentnerehe. Beide Eheleute streiten über den nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab 30.7.2008. Aus dieser Ehe waren zwei mittlerweile volljährige Kinder hervorgegangen.
Der Leitsatz 3 betreffend die Ehedauer lautet wie folgt:
Zitat
"In Fällen, in denen die nacheheliche Solidarität das wesentliche Billigkeitskriterium bei der Abwägung nach § 1578b BGB darstellt, gewinnt die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse; hieran hat die am 1. März 2013 in Kraft getretene Neufassung des § 1578b Abs. 1 BGB nichts geändert."
Der BGH betont in dieser Entscheidung ausdrücklich, dass dann, wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts in solchen Fällen möglich ist, in denen fortwirkende nacheheliche Solidarität einen wesentlichen Billigkeitsmaßstab bildet. In diesen Fällen ist trotz der Dauer der Ehe eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts möglich.
Zitat
"Nach § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ist nunmehr das Tatbestandsmerkmal der Ehedauer als weiterer konkreter benannter Billigkeitsmaßstab neben das Bestehen ehebedingter Nachteile getreten. Demgegenüber ist der Begriff der "Dauer der Ehe" bei der beispielhaften Aufzählung der Gründe für das Entstehen ehebedingter Nachteile (§ 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB) gestrichen worden, da es einer zusätzlichen Erwähnung der Ehedauer in diesem Zusammenhang nicht mehr bedurfte. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausdrücklich hervorgehoben, dass die tatbestandliche Neufassung des § 1578b Abs. 1 BGB eine (lediglich) klarstellende Funktion erfüllt, um einer – dem Willen des Gesetzgebers der Unterhaltsrechtsreform 2008 nicht entsprechenden und auch vom Bundesgerichtshof missbilligten – Praxis entgegenzuwirken, beim Fehlen ehebedingter Nachteile automatisch zu einer Begrenzung des Unterhaltsanspruches zu gelangen, ohne bei der Billigkeitsabwägung die sonstigen Umstände des Einzelfalls, darunter insbesondere die lange Ehedauer zu berücksichtigen (BT-Drucks 17/11885, S. 5 f.). Aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich demgegenüber nicht, dass der Begriff der "Dauer der Ehe" durch die Aufnahme als selbstständiges Billigkeitskriterium in § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ein anderer Inhalt hätte verliehen werden sollen und der Gesetzgeber den Begriff der Ehedauer abweichend von der – in der Gesetzesbegründung ausdrücklich in Bezug genommenen – Senatsrechtsprechung zur Berücksichtigung der Ehedauer im Rahmen der nachehelichen Solidarität interpretieren wollte (ebenso Borth, FamRZ 2013, 165, 167). Es bleibt daher dabei, dass die Ehedauer ihren wesentlichen Stellenwert bei der Bestimmung des Maßes der gebotenen nachehelichen Solidarität aus der Wechselwirkung mit der in der Ehe einvernehmlich praktizierten Rollenverteilung und der darauf beruhenden Verflech...