1. Kurze Ehezeit
Das Gesetz sieht nach § 3 Abs. 3 VersAusglG die Möglichkeit vor, bei einer Ehezeit von bis zu drei Jahren den Versorgungsausgleich auszuschließen. Ein Versorgungsausgleich findet nur dann statt, wenn ein Ehegatte dies ausdrücklich beantragt.
Auch hier ist nur die Zustellung des Scheidungsantrages maßgeblich, also nicht etwa der Antrag auf VKH.
Je älter die Beteiligten jedoch sind, desto sorgfältiger sollte geprüft werden, ob auch ein geringer Ausgleich wirtschaftlich sinnvoll und zweckmäßig ist, vielleicht sogar notwendig.
Wollen die Ehegatten den Versorgungsausgleich wegen kurzer Ehezeit ausschließen, sollte bei Einreichung des Scheidungsantrages darauf hingearbeitet werden, eine sofortige Zustellung des Scheidungsantrages zu erreichen. Ohne Antragstellung ist der Versorgungsausgleich bei kurzer Ehezeit definitiv ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass die Höhe der innerhalb der drei Jahre erworbenen Anrechte ohne Bedeutung ist. Eine Bagatellprüfung wie in § 18 VersAusglG findet nicht statt. Es kommt auch nicht etwa zu einer Prüfung im Rahmen der Verwirkungsvorschrift des § 27 VersAusglG.
Im Tenor muss es heißen:
Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.
Oder:
Ein Versorgungsausgleich wird ausgeschlossen.
2. Ausschluss bei sehr kurzen Ehen (bis max. 6 Monate)
Hier ist ein Ausschluss über § 27 VersAusglG möglich. In diesem Zusammenhang geht man davon aus, dass unabhängig von der formalen Ehedauer eine Lebensgemeinschaft erst gar nicht entstanden ist.
Die grobe Unbilligkeit liegt in derartigen Fällen darin begründet, dass die ausgleichspflichtige Person zu einem Ausgleich herangezogen wird, obwohl noch keine gegenseitige wirtschaftliche Verflechtung oder Abhängigkeit eingetreten war.
3. Phasenverschobene Ehe
Hat ein Ehegatte aus Altersgründen während der Ehe keine Anwartschaften mehr erwerben können, kann es unbillig sein, den Versorgungsausgleich vollständig durchzuführen, insbesondere dann, wenn eine längere Trennungsfrist hinzukommt.
Im Regelfall hat der ausgleichsberechtigte, wesentlich ältere Ehegatte schon seine Altersversorgung erlangt, er hat aber für die Ehegemeinschaft keine wesentlichen Leistungen mehr erbracht.
4. Lange Trennungszeit
Anders als beim Zugewinnausgleich spielt die Dauer der Trennung eine Rolle.
Der Versorgungsausgleich wird nicht dadurch grob unbillig, dass Ehegatten über eine längere Zeit (jahrelang) einen eigenen Hausstand geführt haben und die eheliche Lebensgemeinschaft nur auf die Wochenenden beschränkt war. Es kommt auf den konkreten Einzelfall an. So scheidet grobe Unbilligkeit bei einer Hausfrauenehe aus, wenn jahrelang Trennungsunterhalt gezahlt wurde und damit die ausgleichspflichtige Person auch darauf vertrauen konnte, dass sie weiter versorgt wird.
Auch bei langer Trennungszeit (etwa ab acht Jahren) kann das Ergebnis sein, dass der Versorgungsausgleich nicht herabgesetzt wird.
Ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG ist im Regelfall möglich:
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Zweckverfehlung des Versorgungsausgleichs anhand einer beiderseitigen Versorgungsbilanz; |
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fehlende Lebens- und Versorgungsgemeinschaft; |
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persönliches Fehlverhalten des Ausgleichsberechtigten; |
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phasenverschobene Ehe. |
Auch hier gilt, je länger die Ehe gedauert hat, desto schwieriger wird es trotz Trennung den Ausschluss des Versorgungsausgleichs durchzusetzen.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Versorgungsausgleich im Regelfall durchzuführen ist, weil § 27 VersAusglG ähnlich wie § 1587c BGB nur dann einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs ermöglicht, wenn die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einem dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde.
Die Unbilligkeit muss sich aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben.
Fazit: Die Ehedauer hat beim
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Unterhalt |
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Zugewinn |
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Versorgungsausgleich |
jeweils unterschiedliches Gewicht.
Die Ehedauer kann im Einzelfall von erheblicher Bedeutung sein, sie sollte nicht unterschätzt werden.
Bei dem Beitrag handelt es sich um die überarbeitete Fassung eines Vortrages, den der Verfasser am 4.4.2014 bei der 17. Jahresarbeitstagung Familienrecht des DAI in Köln gehalten hat.
Autor: Klaus Schnitzler , Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen
FF 2/2015, S. 50 - 58