1. Das Spannungsfeld zwischen Abstammungs- und Adoptionsrecht
Ein wesentlicher Grund für die mangelnde Aufmerksamkeit hinsichtlich der Problematik der Samenspende im Adoptionsrecht könnte wohl darin liegen, dass sie ausschließlich für eingetragene Lebenspartnerinnen denkbar ist. Dies hat seinen Grund in der abstammungsrechtlichen Rechtslage.
Bringt eine verheiratete Mutter ein mittels Samenspende gezeugtes Kind innerhalb einer bestehenden Ehe zur Welt, gilt es wegen der Vermutungsregelung des § 1591 Nr. 1 BGB als Kind des Ehemannes. Die Adoption seines nicht leiblichen Kindes ist für den Ehemann somit überflüssig, wenn er die rechtliche Vaterschaft für das Kind übernehmen möchte. Auch zwischen nicht miteinander verheirateten, heterosexuellen Paaren findet sich eine abstammungsrechtliche Lösung. Die Vaterschaft für ein mittels einer Samenspende gezeugtes Kind kann ein beliebiger anderer Mann durch ein Vaterschaftsanerkenntnis mit Zustimmung der Mutter begründen, vgl. §§ 1592 Nr. 2, 1594, 1595 BGB. Denn den Nachweis, dass das Vaterschaftsanerkenntnis der biologischen Richtigkeit entspricht, fordert das Gesetz gerade nicht.
Die abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes ist dagegen bei eingetragenen Lebenspartnerinnen nur für die Partnerin möglich, die das Kind zur Welt bringt. Sie ist gem. § 1591 BGB rechtlich die Mutter des Kindes. Die andere Partnerin kann eine rechtliche Elternschaft über das Abstammungsrecht nicht begründen. Die Fiktionen der rechtlichen Vaterschaft, die § 1592 BGB im Hinblick auf die Ehe und das Vaterschaftsanerkenntnis normiert, finden auf eingetragene Lebenspartnerinnen aufgrund ihrer Gleichgeschlechtlichkeit keine Anwendung. § 1592 BGB dient nämlich grundsätzlich der Verwirklichung des abstammungsrechtlichen Prinzips der Statuswahrheit, also der Übereinstimmung von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft. Die Norm knüpft also an die Vermutung der biologischen Richtigkeit der Zuordnung des Kindes zum Vater an. Das Abstammungsrecht geht schon vom Wortlaut der §§ 1591 ff. BGB her von "Vater" und "Mutter", nicht aber von gleichgeschlechtlichen Eltern aus. Die gleichgeschlechtliche Elternschaft ist bisher abstammungsrechtlich nicht gesondert geregelt, obwohl sie längst Teil der Rechtswirklichkeit in Deutschland ist und das gemeinsame Zusammenleben eingetragener Lebenspartnerinnen mit dem Kind unter dem Schutz der Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG steht. Daher sind eingetragene Lebenspartnerschaften bei dem Wunsch nach Übernahme der rechtlichen Elternschaft durch beide Partner auf einen adoptionsrechtlichen Weg angewiesen.
Die Behandlung der Samenspende im Adoptionsrecht wurde spezifisch für eingetragene Lebenspartnerinnen erst seit dem Jahr 2005 zu einem Rechtsproblem. Denn erst seit 2005 ist gem. § 9 Abs. 7 LPartG die sog. Stiefkindadoption in Deutschland legal. Nach der Stiefkindadoption ist es rechtlich zulässig, dass ein eingetragener Lebenspartner ein leibliches Kind des anderen eingetragenen Lebenspartners allein adoptiert. Durch Urteil des BVerfG vom 19.2.2013 – 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09 ist nunmehr auch die sog. Sukzessiv- oder Kettenadoption zwischen eingetragenen Lebenspartnern erlaubt. In diesen Fällen adoptiert der eingetragene Lebenspartner das bereits vom anderen eingetragenen Lebenspartner im Wege der Einzeladoption adoptierte Kind. Nur die Adoption durch beide eingetragenen Lebenspartner gleichzeitig ist nach wie vor in Deutschland unzulässig. Diese Adoptionsform bleibt gem. § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB den Ehegatten exklusiv vorbehalten.
Besondere rechtliche Regelungen, welche die Adoption von Kindern betreffen, die mittels einer Samenspende gezeugt wurden, existieren im Adoptionsrecht nicht. Die Samenspende ist lediglich im Rahmen des Abstammungsrechts in § 1600 Abs. 5 BGB dahingehend geregelt, dass ein Anfechtungsrecht des rechtlichen Vaters sowie der Mutter ausscheidet. Ein Anfechtungsrecht des Spenders als leiblicher Vater gem. § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB scheiterte nach Auffassung des Gesetzgebers bisher daran, dass er der Mutter bei Zeugung des Kindes nicht im Sinne der Vorschrift "beigewohnt" hat. Zuletzt hat der BGH diese Anfechtungssperre aber für den Fall gekippt, dass der genetische Vater seinen Samen privat zur Verfügung stellt und nicht bewiesen werden kann, dass er auf die Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung verzichtet hat. Die Zeugung mittels einer solchen privaten Samenspende kann mithin den Tatbestand der "Beiwohnung" erfüllen.
Eingetragenen Lebenspartnerinnen bleibt nur der Weg über eine Stiefkindadoption, um auch die rechtliche Elternschaft der Lebenspartnerin herbeizuführen, die das Kind nicht geboren hat. Doch eine adoptionsrechtliche Lösung ist nicht frei von rechtlichen Unwägbarkeiten. Das Kernproblem liegt darin, wie mit dem Spender, also dem leiblichen Vater und dessen Recht auf Zugang zur rechtlichen Vaterschaft aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG umzugehen ist. Mit der rechtlichen Stellung der Eltern des Kindes befasst sich hier vor allem die Norm des § 1747 BGB. Diese ford...