1. Konsequenzen für die Praxis
Die Entscheidung des BGH bringt ein gutes Stück Rechtsklarheit und gibt den Gerichten und der Rechtsberatung praktische Vorgaben in Adoptionsfällen an die Hand, bei denen es sich um ein Kind aus einer Samenspende handelt. In der Sache ist der Entscheidung weitgehend zuzustimmen. Dem BGH ist es offensichtlich ein Anliegen, das Recht des genetischen Vaters auf Zugang zur rechtlichen Elternschaft aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zu stärken. Der Beschluss liegt damit auf der Linie der Rechtsprechung des BVerfG und des EGMR, die in den letzten gut 20 Jahren die Rechte von Vätern konsequent gestärkt und ausgebaut haben und den Gesetzgeber so immer wieder zu Reformen zwangen.
In der Gerichts- und Beratungspraxis sollte in Adoptionsverfahren, in denen das Kind mittels einer Samenspende gezeugt wurde, nun stets die Frage nach der Art der Samenspende gestellt werden. Dies ist für die Samenspender-Konstellationen die zentrale tatsächliche Weichenstellung, ob eine Einwilligung des genetischen Vaters im Adoptionsverfahren überhaupt problematisch werden kann. Ob dann im Falle einer privaten "Becherspende" eine Ausnahme vom Grundsatz der Unterrichtungspflicht des Spenders besteht, bleibt eine Frage des Einzelfalls. Der Rechtsanwender hat dann das Vorliegen der Voraussetzungen der beiden Ausnahmen zu prüfen.
2. Zur dogmatischen Einordnung des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB und Kritik am Beschluss des BGH vom 18.2.2015
Die Entscheidung des BGH geht über die Fälle der Samenspende insgesamt hinaus, da der BGH auch zur Anwendung des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB allgemein Stellung nimmt.
Mit der prinzipiellen Unterrichtungspflicht des genetischen Vaters repariert der BGH die als missglückt zu bezeichnende Normkonzeption des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB an einer entscheidenden Schwachstelle. Die Untätigkeit des genetischen Vaters, die nach der Vorstellung des Gesetzgebers seine Einwilligung in die Adoption per se entbehrlich machen sollte, kann nach Auffassung des BGH nur noch dann erheblich sein, wenn er von dem Adoptionsverfahren auch Kenntnis hat und äußere Umstände für einen Rechtsverzicht des leiblichen Vaters sprechen oder der Aufenthaltsort des genetischen Vaters objektiv unbekannt ist. Rechtskonstruktiv geht der BGH im Vergleich zu den kritischen Stimmen in der Literatur, welche bei Unbekanntheit des genetischen Vaters ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren von Amts wegen fordern, zumindest ausdrücklich nicht ganz so weit, da er das Informationsdefizit des genetischen Vaters im Rahmen der gerichtlichen Amtsermittlungspflicht nach § 26 FamFG aufzufangen versucht. Dies kann aber nicht vollständig überzeugen. Denn die vom BGH in Ausprägung des Amtsermittlungsgrundsatzes und der Grundrechte des genetischen Vaters geschaffene Unterrichtungspflicht hat eine entscheidende Schwäche. Ob die Lebenspartnerinnen wirklich den Mann als genetischen Vater angeben oder einen anderen Mann, der dies nur behauptet oder sogar ein falsches Vaterschaftsanerkenntnis abgibt, wird das Familiengericht ohne ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren kaum herausfinden können. Zum effektiven Schutz der Rechte des leiblichen Vaters aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1, 103 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK wird man allerdings angesichts der Forderung des BGH, dass das Familiengericht "alle zur Verfügung stehenden Aufklärungsmöglichkeiten" auszuschöpfen hat, auch davon ausgehen müssen, dass hierzu im Zweifel ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren gehören kann. Problematisch hieran ist, dass das Vaterschaftsfeststellungsverfahren seit der Abschaffung der Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder mit der Kindschaftsrechtsreform von 1998 nur als reines Antragsverfahren ausgestaltet ist, der Staat also gerade nicht mehr von Amts wegen ermittelt, vgl. §§ 23, 171 FamFG. Dieses Problem ist auch beim Scheinvaterregress nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB virulent. Da der Scheinvater in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren selbst nicht antragsbefugt ist, hilft der BGH im Regressprozess ebenfalls mit einer inzidenten Vaterschaftsfeststellung durch das F...