Die Entscheidung des BGH ist überzeugend begründet und sorgt für Klarheit hinsichtlich der Frage, in welchem Maß ein inhaftierter Schuldner für Kindesunterhalt leistungsfähig ist.
Ausgangspunkt der Prüfung ist § 1603 Abs. 1 BGB, nach dem der eigene angemessene Unterhalt des Schuldners grundsätzlich die Grenze seiner Leistungsfähigkeit ist. Im hier gegebenen Mangelfall muss er für das minderjährige Kind darüber hinaus gemäß § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt einsetzen. Nicht verfügbar i.S.d. § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB sind diejenigen Mittel des Schuldners, die er zur Deckung seines eigenen Existenzminimums benötigt. Dieses Existenzminimum ist nach der Lebensstellung des Schuldners individuell zu bestimmen, wobei Pauschalierungen und Typisierungen zulässig sind, wenn sie dem Schuldner nicht die Möglichkeit nehmen, einen höheren Eigenbedarf geltend zu machen.
Welche Mittel sind einem Strafgefangenen also zu belassen? Das OLG Hamm hat in einem anderen Fall zur Beantwortung dieser Frage im Ausgangspunkt den Mittelwert zwischen dem notwendigen Selbstbehalt eines vollschichtig erwerbstätigen und dem eines erwerbslosen Unterhaltsschuldners herangezogen. Diesen hat es allerdings um Wohnkosten von 360 EUR und geschätzten Verpflegungsaufwand von 200 EUR bereinigt, weil der Schuldner während seines Aufenthalts in der JVA kostenfrei wohnte und verpflegt wurde. Dieser Vorgehensweise ist der BGH zu Recht nicht gefolgt. Der Ansatz, aus dem Selbstbehalt eines nicht inhaftierten Unterhaltsschuldners die Wohn- und Verpflegungskosten herauszurechnen, kann systematisch nicht überzeugen. Die Selbstbehaltssätze orientieren sich an den sozialrechtlichen Regelbedarfssätzen, zuzüglich eines Zuschlags von 10 %, eines weiteren Zuschlags von 30 EUR für angemessene Versicherungen und Wohnkosten von derzeit 380 EUR. Die Regelbedarfssätze enthalten wiederum keinesfalls nur Verpflegungskosten, sondern z.B. auch Kosten für Bekleidung, Energie, Haushaltsgeräte, Verkehr, Freizeit und Bildung, die im Strafvollzug nicht oder nicht in dem Maß anfallen wie bei einem nicht inhaftierten Unterhaltsschuldner. Sie sind also keine taugliche Grundlage für die Bemessung des Selbstbehalts eines Strafgefangenen.
Der Ansatz des BGH trägt der individuellen Bestimmung des Selbstbehalts Rechnung: Er nimmt das Hausgeld i.H.v. 3/7 des Arbeitseinkommens vom unterhaltsrechtlichen Einkommen in voller Höhe aus. Das begründet er damit, dass auch für den Strafgefangenen die Erwerbstätigkeit zu einer spürbaren Verbesserung seiner Lebensumstände führen muss, um seine Resozialisierung nicht zu gefährden. Dem ist zuzustimmen, weil der Selbstbehalt dem Strafgefangenen eine gewisse Persönlichkeitsentfaltung ermöglichen muss, damit die Verhältnismäßigkeit der Inanspruchnahme auf Unterhalt gewahrt ist. Weniger überzeugend ist, dass der BGH auch den Anstaltsfrieden als Grund für den Ausschluss des Hausgeldes von den verfügbaren Mitteln heranzieht. Dazu heißt es in der Entscheidung: "Zudem wäre bei einem nur einen Teil der Häftlinge treffenden Zugriff auf das Hausgeld eine Gefährdung der Anstaltsordnung zu besorgen." Dieser Gesichtspunkt hat zum einen keinen Bezug zum Unterhaltsverhältnis, und zum anderen kann auch ein regulärer Arbeitnehmer keinen höheren Selbstbehalt mit der Begründung verlangen, seine Kollegen müssten bei gleichen Einkünften keinen Unterhalt zahlen und die unterschiedliche Belastung gefährde den Betriebsfrieden.
In der Regel wird das Hausgeld reichen, um das Existenzminimum zu decken. Der BGH stellt aber klar, dass dem inhaftierten Schuldner jedenfalls der in den jeweiligen Vollzugsgesetzen geregelte Taschengeldsatz verbleiben muss, im vorliegenden Fall monatlich ca. 35 EUR. Dieser Taschengeldsatz bildet die Untergrenze des maßgeblichen Selbstbehalts. Sondergeld steht dem Hausgeld gleich, ist also ebenfalls kein unterhaltsrechtliches Einkommen. Nicht zu den verfügbaren Mitteln gehört schließlich der noch nicht fällige Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes: Weil der Gefangene erst nach seiner Entlassung über das Überbrückungsgeld verfügen kann, steht es auch für Unterhaltspflichten vor diesem Zeitpunkt schon mangels zeitlicher Kongruenz zwischen dem Unterhaltszeitraum und dem tatsächlichen Mittelzufluss nicht zur Verfügung. Nach der Entlassung des Gefangenen ist das Überbrückungsgeld wie eine Abfindung für Unterhaltsleistungen einzusetzen.
Damit verbleibt für Unterhaltsleistungen nur das Eigengeld. Dieses hat der Schuldner für den Unterhalt einzusetzen, es sei denn, das Hausgeld erreicht den Taschengeldsatz nicht; dann verbleibt dem Schuldner auch das Eigengeld, soweit er es zur Aufstockung des eigenen Einkommens bis zur Höhe des Taschengeldsatzes benötigt. Nicht eindeutig zu entnehmen ist der Entscheidung des BGH, ob das Eigengeld auch geschützt ist, wenn die Summe aus Haus- und Sondergeld den Taschengeldsatz erreicht. Jedenfalls wenn das Sondergeld auf freiwilligen Zuwendungen Dritter zurückgeht, wird es f...