Die juristischen Vexier-Bilder von Mandanten über die Eigentumssituation an Immobilien gehören zum täglichen Brot des Familienrechtlers. "Mein ist gleich dein" wird laienhaft aus dem Begriff der Zugewinngemeinschaft gefolgert. Dabei wird übersehen, dass es sich um einen gesetzgeberischen "Etikettenschwindel" handelt. Der gesetzliche Güterstand ist gerade keine "Gemeinschaft" mit einer Sippenhaft, sondern stellt eine Gütertrennung dar. Vielfach wird die Illusion der Bruchteilsgemeinschaft noch befördert, wenn das Familienheim während der Ehe gebaut wurde ("unser Haus") oder einer der Beteiligten – ohne Miteigentümer zu sein! – die Mithaftung übernommen hat. Solche rechtlichen Bewertungen der Mandanten über eine dingliche Berechtigung dürfen niemals, insbesondere nicht beleglos, unbesehen übernommen werden.

Zutreffend weist der Beschluss darauf hin, dass jeder der Beteiligten grundsätzlich eigenverantwortlich die Rechtslage überprüfen muss. "Überlegenes Wissen" alleine führt zu keiner Aufklärungspflicht. Gerade bei Immobilien kann wegen deren Werthaltigkeit die falsche rechtliche Einordnung zahlenmäßig zu erheblichen Differenzen führen. Will man ein Mandat regressfest bearbeiten, gehört die Einholung eines Grundbuchauszuges zu den eigentlich selbstverständlichen Vorbereitungshandlungen bei einer Zugewinnausgleichsberechnung. Ist der andere Ehepartner Alleineigentümer, besteht ein berechtigtes Interesse im Hinblick auf den Zugewinnausgleichsanspruch (vgl. § 12 GBO). Bei Miteigentum ist dieses Interesse per se aufgrund der dinglichen Berechtigung gegeben. Sofern die Ehepartner Miteigentümer sind, muss ein Grundbuchauszug schon zur Klärung einer möglichen späteren streitigen Auseinandersetzung über eine Teilungsversteigerung frühzeitig eingeholt werden. Zusätzlich muss geklärt werden, ob und in welchem Umfang Rechte eingetragen sind. Diese können einer sofortigen oder späteren Verwertung entgegenstehen.[1] Damit aber nicht genug: Liegt z.B. eine Übertragung von Grundbesitz von Eltern auf das eigene Kind und/oder das Schwiegerkind vor, muss auf jeden Fall die entsprechende Notarurkunde beigezogen werden. Vielfach wird – teilweise nur aus Kostengründen – auf die Eintragung von Rückübertragungsansprüchen unter gewissen Voraussetzungen verzichtet. Hierzu gehört neben dem Insolvenzfall vor allem der familienrechtliche GAU, sprich die Trennung oder der Scheidungsfall.

Im Übrigen waren beide Eheleute im Rahmen der Zugewinnausgleichsberechnung doch berechtigt und verpflichtet, Auskunft über ihr jeweiliges Vermögen zu erteilen. Dies haben sie auch getan. Die jeweilige Auskunft war zu belegen. Spätestens im Rahmen der Belegverpflichtung hätte ein Grundbuchauszug gefordert und vorgelegt werden müssen.

Augenscheinlich ist dies aber in diesem Verfahren zunächst nicht geschehen. Hierzu hätte indes aller Anlass bestanden. In ihrer eigenen ursprünglichen Auskunft zum Zugewinn ging die Ehefrau noch von keinem Miteigentum aus. Erst nach Auskunftserteilung ihres Ehemanns, der die Mitberechtigung erstmalig behauptete, trug die Ehefrau eine hälftige, dingliche Berechtigung vor. Zudem hatte der Ehemann bereits vor der Ehe das Erbbaurecht erworben. Auf welche Weise sollte denn die Ehefrau zwischenzeitlich Mitberechtigte geworden sein?

Zudem hatten die Beteiligten ein "Wertgutachten" einer Immobilienfirma eingeholt. Wie ein solches "Wertgutachten" ohne Einsicht in das Grundbuch mit Klärung der Rechtslage und der möglichen Belastungen überhaupt seriöserweise erstellt worden sein kann, bleibt eines der vielen Geheimnisse dieses Falles.

Hätte der Ehemann den Vortrag der Gegenseite nur hingenommen und als richtig unterstellt und hätte er den Zugewinn gezahlt, wäre es wesentlich schwieriger geworden, den abgeschlossenen Vergleich anzugreifen. Allerdings wäre wohl auch dann letztlich über den Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Anpassung denkbar gewesen. Möglicherweise hätte das eingeholte sog. "Wertgutachten" den "Aufhänger" für eine Anpassung des Zugewinnausgleichsanspruchs eröffnet. Sofern beide Beteiligten von einer Miteigentumsgemeinschaft ausgingen und erkennbar hierauf die Zugewinnausgleichsbilanz erstellt wurde, greifen nicht die Grundsätze über eine Anfechtung, sondern diejenigen über eine Anpassung des Vertrages nach § 242 BGB ein.[2]

Anders wäre dies möglicherweise wieder dann zu beurteilen, wenn der Ehemann von vornherein die rechtlich falsche Einordnung erkannt, aber hierauf (nur) geschwiegen hätte. Dann handelte es sich um einen bloßen einseitigen Motivirrtum. Dieser hätte wohl weder zu einer Anfechtung noch zu einer Anpassung berechtigt.

Der Fall lag indes besonders. Wohl noch "aufgewühlt" durch eine angeblich illoyale Vermögensverfügung seiner Ehefrau (dubiose Abhebung von 79.000 EUR unmittelbar vor dem Stichtag), hatte der Ehemann durch Einsichtnahme in das Grundbuch kurz vor dem Vergleichsabschluss positive Kenntnis von seiner Alleineigentümerstellung erlangt. Nachdem er ursprünglich der Gegenseite sogar noch de...

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