Allerdings stößt die analoge Anwendung der Rom-III-Verordnung kraft mitgliedstaatlichen Rechts dort an Grenzen, wo die Regelungen der Verordnung auf gerichtliche Scheidungen zugeschnitten sind: So kann bereits die objektive Anknüpfung einer Privatscheidung nach Art. 8 Rom-III-VO ins Leere führen. Art. 8 lit. d Rom-III-VO verweist, insbesondere wenn die Ehegatten weder den gewöhnlichen Aufenthalt noch die Staatsangehörigkeit teilen, auf das "Recht des Staates des angerufenen Gerichts". Dieses Gericht existiert jedenfalls bei einer reinen Privatscheidung nicht, anders als womöglich bei einer Privatscheidung, die unter Mitwirkung oder gegenüber einer Behörde oder einem Gericht erklärt wird. Bei reinen Privatscheidungen bietet es sich an – quasi als "Lückenlückenfüllung" –, auf das Recht des Staates zu verweisen, zu dem die Ehegatten die engste Verbindung besitzen, wenn in Art. 8 Rom-III-VO nicht lit. a bis c greifen. Die subsidiäre Anknüpfung an die engste Verbindung ist nicht nur im europäischen (Art. 26 Abs. 1 lit. c der europäischen Güterrechtsverordnung), sondern auch im deutschen Familienkollisionsrecht (Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) anerkannt.
Maßgeblicher Anknüpfungszeitpunkt kann bei der analogen Anwendung der Rom-III-Verordnung auf Privatscheidungen ferner nicht die "Anrufung des Gerichts" (vgl. Art. 8 lit. a bis c Rom-III-VO) sein, sondern muss der Zeitpunkt sein, zu dem der andere Ehegatte erstmals förmlich von der Scheidung oder dem Scheidungsverlangen erfährt. Eine parallele Problematik bestand bereits unter Art. 17 Abs. 1 EGBGB a.F., der anknüpfungstechnisch auf den "Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags" abstellte und damit bei Privatscheidungen ebenfalls Fragen aufwarf.
Auch bei den Rechtswahlmöglichkeiten der Ehegatten nach Art. 5 Rom-III-VO sind bei der analogen Anwendung der Rom-III-Verordnung auf reine Privatscheidungen Abstriche zu machen. Mangels Beteiligung eines Gerichts können die Ehegatten nicht nach Art. 5 Abs. 1 lit. d das Recht des angerufenen Gerichts wählen, jedenfalls wenn ein solches nicht an den Erklärungen mitwirkt.
Fragen wirft auch die analoge Anwendung des berüchtigten Art. 10 Rom-III-VO auf, der in seiner zweiten Alternative dem angerufenen Gericht gestattet, sein eigenes Scheidungsrecht anzuwenden, wenn das eigentlich anwendbare ausländische Recht "einem der Ehegatten aufgrund seiner Geschlechtszugehörigkeit keinen gleichberechtigten Zugang zur Ehescheidung" gewährt. Diese besondere ordre-public-Klausel, die eine abstrakte Normenkontrolle vorsieht und anders als der allgemeine ordre-public-Vorbehalt nicht auf das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts abstellt, kann auf Privatscheidungen nicht analog angewandt werden. Zwar sind vor allem Privatscheidungen in den vom islamischen Recht geprägten Jurisdiktionen oftmals diskriminierend, jedenfalls auf den ersten Blick, weil nur dem Ehemann eine einseitige Verstoßung der Ehefrau (ţalāq) gestattet wird. Aber Art. 10 Rom-III-VO ist – auch nach seinem Wortlaut – auf gerichtliche Scheidungen zugeschnitten und soll lediglich verhindern, dass ein mitgliedstaatliches Gericht eine Scheidung nach einem gleichberechtigungswidrigen Recht ausspricht, auch wenn der Generalanwalt in Sahyouni dies offenbar anders sieht. Es bliebe damit im Rahmen der analogen Anwendung der Rom-III-Verordnung auf Privatscheidungen beim allgemeinen ordre-public-Vorbehalt nach Artikel 12 der Verordnung, der eine sehr viel differenziertere Betrachtung zulässt. So haben die deutschen Gerichte den ordre-public-Vorbehalt nach Art. 6 EGBGB bisher jedenfalls bei einem gleichberechtigungswidrigen Scheidungsstatut dann nicht bemüht, wenn die Ehefrau der Scheidung zugestimmt hat oder die Voraussetzungen einer Scheidung nach deutschem Recht vorlagen. In der Tat wäre es für die Ehegatten eine (teure) Förmelei, ein Scheidungsverfahren nach deutschem Recht wiederholen zu müssen, wenn dessen Voraussetzungen – die jedenfalls faktisch ebenfalls eine Verstoßungsscheidung gestatten – vorliegen. Eine andere Frage ist es freilich, inwieweit im Inland über die Scheidungsfolgen entschieden werden kann. Da bei einer Privatscheidung auch die Scheidungsfolgen meist privatautonom von den Ehegatten geregelt werden, stellt sich hier regelmäßig nicht die Frage der entgegenstehenden Rechtskraft einer ausländischen Scheidungsfolgenentscheidung. Der Weg zu den deutschen Gerichten ist deshalb insoweit frei, wenn diese international für die Scheidungsfolgen zuständig sind.