Wiederaufleben des nachehelichen Unterhalts nach Beendigung der verfestigten Lebensgemeinschaft
Auch in diesem Verfahren ging es um eine verfestigte Lebensgemeinschaft in Form einer distanzierten Lebensgemeinschaft, die aber beendet worden war. Fraglich war, ob der Betreuungsunterhaltsanspruch in vollem Umfang wieder auflebt, weil die Ehefrau den ehelichen Sohn (10 Jahre) betreut.
Die Ehe war nicht allzu lang, knapp acht Jahre. Es ging ausschließlich um nachehelichen Unterhalt. Die Ehe war bereits im September 2005 geschieden worden. Zum Zeitpunkt der OLG-Entscheidung war das Kind zehn Jahre alt. Ehefrau war ursprünglich Bauzeichnerin und hatte diesen Beruf aufgegeben und sich selbstständig gemacht seit Januar 2008 zur Feng-Shui-Beraterin.
Das OLG hatte den Unterhaltsanspruch wegen dieser Beziehung, die immerhin vier Jahre gedauert hatte, nur für den Zeitraum ab Januar 2008 bis November 2008 als verwirkt angesehen.
Unstreitig war die Beziehung auseinandergebrochen, so dass sich das Problem stellte, inwieweit der mögliche Betreuungsunterhaltsanspruch wieder auflebt. Wichtig ist, dass der BGH § 1579 Nr. 2 BGB als eigenständigen Härtegrund in dieser Entscheidung erneut bestätigt hat. Es geht nicht um vorwerfbares schuldhaftes Fehlverhalten eines Ehepartners. Zweck der gesetzlichen Neuregelung ist es ausschließlich, rein objektive Gegebenheiten des bedürftigen Ehegatten zu erfassen, die eine weitere Verpflichtung, Unterhalt zu zahlen, unzumutbar erscheinen lässt. Bei getrennten Wohnungen müssen Indizien hinzutreten, die für eine Verfestigung der Lebensgemeinschaft sprechen. Kriterien, wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners, spielen keine Rolle mehr.
Im vorliegenden Fall hatte der BGH die relativ lange Dauer der verfestigten Lebensgemeinschaft (in der Regel 2–2 ½ Jahre) ausdrücklich akzeptiert, weil auf das Erscheinungsbild der neuen Lebensgemeinschaft in der Öffentlichkeit abgestellt werden müsse.
Das Wiederaufleben des Betreuungsunterhaltsanspruchs durch den Senat des OLG Stuttgart hat der BGH nicht geteilt. Insofern hätte eine umfassende Zumutbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände erfolgen müssen.
Unverständlich ist, warum das OLG bei der Prüfung der relativ kurzen Ehedauer nicht auf die Zustellung des Scheidungsantrages abgestellt hat, sondern stattdessen auf die Rechtskraft des Urteils.
Bemängelt wurde außerdem, dass das OLG lediglich die Zeit der verfestigten Lebensgemeinschaft von Januar bis November 2008 der Ehezeit von knapp acht Jahren gegenübergestellt hat, obwohl die Lebensgemeinschaft bereits seit Frühjahr 2004 bestanden hat und demzufolge mehr als vier Jahre gedauert hatte.
Nur im Ausnahmefall kann ein weitergehender nachehelicher Unterhaltsanspruch wieder bestehen.
Auch in diesem Verfahren kam er zu keiner weiteren Entscheidung mehr, weil sich die Parteien in der Sitzung des OLG Stuttgart in neuer Besetzung am 3.11.2011 auf einen Vergleich geeinigt haben, wonach der nacheheliche Unterhaltsanspruch nicht mehr geschuldet wird.