a) Beanstandung der Drittelmethode durch das BVerfG
Das BVerfG hat die Rechtsprechung des BGH zur Bedarfsermittlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen unter Einbeziehung neuer nachehelicher Unterhaltspflichten bei Dreiteilung des Gesamteinkommens aller Beteiligten (Drittelmethode) als verfassungswidrig beanstandet: Sie ersetzt das Konzept des Gesetzgebers durch ein eigenes Modell. Dies überschreitet die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung und verletzt Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).
Bei der Reform durch das UÄndG 2007 hat der Gesetzgeber an der Struktur des nachehelichen Unterhaltsrechts festgehalten. Danach sind Bedarf und Leistungsfähigkeit auseinander zu halten. Die unverändert geltende Vorschrift des § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB ist Ausgangspunkt der Unterhaltberechnung. Mit der Ausrichtung des Unterhaltsmaßes an den "ehelichen Lebensverhältnissen" hat der Gesetzgeber auf die individuellen Einkommensverhältnisse der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung Bezug genommen. Soweit die Ehegatten in der Ehe durch gemeinsame Leistung einen höheren Status erreicht haben, soll der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nach der Scheidung einen gleichwertigen Anteil erhalten. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Unterhaltsbegrenzung nach § 1578b BGB nicht von nach der Rechtskraft der Scheidung eintretenden Änderungen der Lebensverhältnisse des Schuldners, wie etwa dem Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter, abhängig gemacht. Er hat den Vorrang der geschiedenen Ehefrau durch die Neuregelung der §§ 1569, 1578b und 1609 BGB abgebaut und damit der Gleichrangigkeit der alten und der neuen Ehe unter den derzeit geltenden gesellschaftlichen Verhältnissen hinreichend Rechnung getragen.
b) Rückkehr zum Stichtagsprinzip
Als Folge der Beanstandung der Rechtsprechung zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen durch das BVerfG kehrt der BGH zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück. Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse grundsätzlich durch alle bis zur Rechtskraft der Scheidung eingetretenen Umstände bestimmt. Dazu gehören bis zu diesem Zeitpunkt begründete Unterhaltspflichten für minderjährige oder volljährige Kinder aus einer neuen Beziehung sowie der Betreuungsunterhalt der Mutter eines vor diesem Stichtag geborenen nichtehelichen Kindes nach § 1615l BGB. Diese Unterhaltslasten sind vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuiehen. Erst danach ist der Bedarf des geschiedenen Ehegatten zu ermitteln.
Die ehelichen Lebensverhältnisse werden aber auch durch nach der Scheidung eintretende Umstände bestimmt, wenn diese auf in der Ehe gleichsam angelegten Entwicklungen beruhen und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren oder bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten, etwa ein nicht vorwerfbarer Einkommensrückgang wegen Arbeitslosigkeit oder der Beginn der Regelaltersrente oder ein umzugsbedingter Wegfall von Fahrtkosten.
Zu den ehelichen Lebensverhältnissen gehören auch die Einkünfte einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit als Surrogat für Haushaltstätigkeit und Kindererziehung.
Ohne Auswirkungen auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, ein nach der Scheidung geborenes Kind und einen dadurch ausgelösten Anspruch der nichtehelichen Mutter nach § 1615l BGB. Unberücksichtigt bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 BGB bleiben auch Vorteile aufgrund einer neuen Ehe (dadurch bedingte Einkommenszuschläge; Splittingvorteil; Ersparnis wegen Zusammenwohnens der Ehegatten).
Für die Bedarfsbemessung gilt der Halbteilungsgrundsatz, unabhängig davon, welcher Ehegatte im Einzelnen das Einkommen erzielt hat (Quotenmethode). Ausnahmen sind nur geboten, soweit ein Mindestbedarf geschuldet ist oder soweit wegen besonders hoher Einkünfte eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (siehe auch Anmerkung zu § 1581 BGB).