Dass die vorzeitige Beendigung der Zugewinngemeinschaft wirtschaftlich auch in Fällen von Bedeutung ist, in denen die Rolle des Ehegatten im Zugewinnausgleich (Gläubiger oder Schuldner) noch nicht feststeht, sei an folgendem Beispiel illustriert.
Beispiel:
Die Eheleute haben sich im Februar 2009 getrennt. Nach 2 ½ Jahren, also im August 2011, erbt die Ehefrau eine Immobilie im Wert von 800.000 EUR. Zur Scheidung ist sie nicht entschlossen, will aber wissen, ob, und wenn wieweit, ihr Ehemann an der Erbschaft beteiligt ist.
Hier klärt der Anwalt zunächst auf, dass die Immobilie privilegiert erworben wurde und nicht in den Zugewinn fällt, dass der Ehemann aber an der Wertsteigerung beteiligt ist, die die Immobilie in der Ehezeit bis zur Scheidung erfährt. Auf die Möglichkeit, diese Partizipation, auch ohne dass die Scheidung betrieben wird, nach sechs Monaten auszuschalten, weil die Eheleute dann, das heißt im Februar 2012, drei Jahre getrennt leben, weist er nicht hin. Als der Ehemann drei Jahre später, im Februar 2015, die Scheidung beantragt, hat die ererbte Immobilie aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung des Grundstücksmarkts eine Wertsteigerung von 200.000 EUR erfahren und nun einen Wert von 1 Mio. EUR. Von diesem Wertzuwachs kommen dem Ehemann wirtschaftlich 100.000 EUR zugute: Ist er ausgleichsberechtigt, erhöht diese Summe seinen Zahlungsanspruch gegen die Ehefrau; ist er ausgleichspflichtig, so mindert die Summe von 200.000 EUR die Differenz zwischen seinem Zugewinn und dem der Ehefrau mit der Folge, dass sich ihr Anspruch um 100.000 EUR verringert. Hätte die Ehefrau nach dreijährigem Getrenntleben die Zugewinngemeinschaft beendet, wäre der Ehemann von dieser Partizipation an der Wertsteigerung des geerbten Grundstücks weitestgehend ausgeschlossen gewesen. Stichtag für die Berechnung des Zugewinns wäre nämlich die Rechtshängigkeit des auf die vorzeitige Beendigung des Güterstandes gerichteten Antrags gewesen (§ 1387 BGB). Die Ehefrau hätte diesen im Februar 2012 stellen können und den Ehemann also schon sechs Monate nach Anfall der Erbschaft von deren Wertsteigerung ausschließen können.
Da Wertsteigerungen von Immobilien absehbar sind, kann dem Eigentümer-Ehegatten in Situationen wie der beispielhaft genannten die Ergreifung vorzeitiger güterrechtlicher Maßnahmen als günstig empfohlen werden. In anderen Fällen aber ist es oft nur schwer zu beurteilen, ob sich das vorzeitige Vorgehen lohnt – die Vermögensentwicklungen der Ehegatten können ja nur prognostisch eruiert werden. Ist der Mandant der wirtschaftlich stärkere, absehbar ausgleichspflichtige Ehegatte und erwartet weiteren Zugewinn, so ist ihm zur Herbeiführung der Gütertrennung zu raten. Er schließt damit den anderen von der weiteren Partizipation an seinen Vermögensgewinnen aus und muss nur die bis zur Antragstellung aufgelaufene Zugewinndifferenz au gleichen. Erwartet er keinen weiteren Vermögensgewinn, sondern im Gegenteil einen Rückgang der Geschäfte und Vermögenseinnahmen, sieht er eventuell sogar die Möglichkeit, Verbindlichkeiten zu begründen, sollte er die Zugewinngemeinschaft beibehalten und die Chance ergreifen, sein Endvermögen zu reduzieren. Für den ausgleichsberechtigten Ehegatten stellt sich die jeweils gegenteilige Verhaltensvariante als günstig dar. Erwartet er weitere Vermögensgewinne beim anderen, ist es günstig für ihn, die Zugewinngemeinschaft solange wie möglich bestehen zu lassen. Und umgekehrt: Sieht er den Ehepartner auf dem wirtschaftlichen Zenit, muss er zugreifen, um nicht vom Rückgang der Geschäfte des anderen betroffen zu sein.