Zur Häufigkeit, Dauer und zum Ablauf des Umgangs führt Peschel-Gutzeit Folgendes aus:
Zitat
"Das Gericht wird in seiner Abwägung neben dem Alter des Kindes dessen geistige und körperliche Verfassung ebenso berücksichtigen wie die Bindung des Kindes an den Umgangsberechtigten, die räumliche Distanz, die persönliche Situation und Betreuungsmöglichkeit durch den Umgangsberechtigten, aber auch das Verhältnis der Eltern zueinander."
Ein weiterer Abwägungsgrund soll sein, ob der Umgangsberechtigte mitsorgeberechtigt ist oder nicht. Nach dieser Sicht kann eine gemeinsame elterliche Sorge bei der Gesamtschau der Abwägungsbelange zu einer großzügigeren Bemessung der Umgangskontakte führen. Diese Auffassung ist aber nicht stichhaltig und plausibel, wenn man bedenkt, dass das Umgangsrecht ein selbstständiges Recht neben dem Sorgerecht ist und nach heutiger Auffassung auch ein nichtsorgeberechtigter Elternteil nach § 1684 BGB die gleichen Rechte hat wie ein sorgeberechtigter.
In dem hier interessierenden Kontext der Umgangsausgestaltung soll allerdings in erster Linie auf das Alter, wobei das Alter allein nicht ausschlaggebend sein sollte, sondern ebenso der Entwicklungsstand bzw. die Persönlichkeitsentwicklung des betreffenden Kindes, eingegangen werden.
1. Säuglinge
Das Umgangsrecht besteht grundsätzlich auch bei Säuglingen. Da sie ein anderes Zeitgefühl als Erwachsene haben, ist bei ihnen ein häufigerer Kontakt notwendig, "insbesondere dann, wenn im Hinblick auf ihr Alter eine Übernachtung noch nicht in Betracht kommt." Empfohlen werden kurze Abstände zwischen den einzelnen Besuchstagen und häufige Kontakte. Fthenakis meint, dass der tägliche Kontakt für einige Stunden ideal wäre. Eine Kontaktunterbrechung, die länger als zwei Tage dauert, sollte vermieden werden. Wichtig ist die Kontinuität des Kontaktes zwischen dem Kind und dem Elternteil, der nicht mit ihm zusammenlebt.
Der Umgang sollte vor oder nach dem Mittagsschlaf des Kindes stattfinden, damit seine Ess- und Schlafgewohnheiten beibehalten werden. Übernachtungen außerhalb der für den Säugling gewohnten Umgebung sollten unterbleiben (a.A. Sünderhauf, die auch bei Säuglingen und Kleinkindern, allerdings eher vorsichtig, Umgangskontakte im Rahmen eines Wechselmodells befürwortet).
Es gilt hier der Grundsatz bei Neugeborenen oder bei Kindern, bei Letzteren, bei denen bereits beide Eltern wichtige Bezugspersonen sind: je häufiger, desto besser. Allerdings gilt das nur für Eltern, die eine emotionale Beziehung zum Kind entwickelt haben oder eine Bindung mit dem Kind anstreben und in der Lage sind, kindliche Bedürfnisse zu erkennen und entwicklungsangemessen zu reagieren. In diesem Sinne wird man auch von einer Umgangsfähigkeit des den Umgangs begehrenden Elternteils sprechen können, die die Betreuung und Versorgung des Kindes sowie dessen grundlegende Bedürfnisbefriedigung (z.B. nach dem Konzept der Feinfühligkeit: Signale wahrnehmen, richtig interpretieren, prompt und angemessen reagieren) umfassen sollte, die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft mit dem anderen Elternteil und die Bindungstoleranz (besser: Beziehungstoleranz).
Reichhaltige Kontakte, um den Aufbau einer Beziehung zu den Elternteilen beiderlei Geschlechts herbeizuführen und ein etwaiges Fremdeln des Kindes ab dem 9. Monat nicht aufkommen zu lassen, dienen somit auch bei Säuglingen und Kleinkindern deren Wohlergehen. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch aus psychologischer Sicht, ob diese Kinder die häufigen Trennungen von und das Wiederankommen bei den betreuenden Bezugspersonen verkraften, also z.B. resilient genug sind, insbesondere häufige Trennungen von der einen Person durch das (freudige Wiedersehen) Wiederankommen bei der anderen Person schadlos kompensieren zu können.
Bei längeren Abständen wird diese Altersgruppe – bis ca. 18 Lebensmonaten – angesichts des noch nicht etablierten und als inneres Arbeitsmodell verankerten Zeitempfindens Mühe haben, sich wieder an den anderen Elternteil zu erinnern, mit der Konsequenz, dass Ängste, Irritationen, Verunsicherungen, Unruhe und Misstrauen entstehen können. Entscheidend ist der jeweilige Kompetenzerwerb des Säuglings und Kleinkindes, wozu einschlägige und aussagefähige empirische Befunde zur Ausgestaltung und Häufigkeit von Umgangskontakten derzeit noch fehlen.
Ein zeitlicher Abstand der Besuche von einem Monat wird von einem Säugling als Abstand von einem halben Jahr empfunden. Die positiven Absichten der Kontakte werden damit nicht erreicht. Deshalb dürfen bei Säuglingen bis zu ca. 18 Monaten die Besuchsabstände nicht an den Bedürfnissen der Erwachsenen ausgerichtet werden, worauf Oelkers zutreffend hinweist.
Aus entwicklungs- und familienpsychologischer Sicht ist anzumerken, dass nach der sog. Kernwissenhypothese bestimmte Wissensdomänen beim Säugling als angeborenes...