Jochem Schausten
Haben Sie auch manchmal den Eindruck, dass trotz aller Verbesserungen durch die Reform des Güterrechts in 2009 auch weiterhin zu wenig Möglichkeiten bestehen, den böswilligen "Vermögensverschweiger" auf den Pfad der Tugend zurückzuführen?
Zwei Beispiele aus der Praxis: In einem Fall erteilte der Ehemann seine Auskunft zu seinem Endvermögen, darunter waren unter anderem zwei Wertpapierdepots bei einer bekannten Online-Bank. Nun ist mir keine Online-Bank bekannt, bei der man ein Wertpapierdepot führen könnte, ohne gleichzeitig auch zur Abwicklung der Transaktionen ein Tagesgeldkonto einzurichten. Über derartige Tagesgeldkonten verhielt sich die Auskunft des Ehemannes aber nicht. Dementsprechend verlangten wir dahingehend eine Ergänzung der Auskunft – der Ehemann erklärte, derartige Konten bestünden nicht. Das Amtsgericht sah die Auskunft als vollständig an – das Oberlandesgericht folgte dem Amtsgericht und verwies in der mündlichen Verhandlung lediglich auf die Möglichkeit, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt versichern zu lassen.
In einem anderen Fall erteilte die Ehefrau ihre Auskunft zu ihrem Endvermögen, darin enthalten waren unter anderem verschiedene Konten bei der örtlichen Bank, für die sie auch jeweils stichtagsbezogene Kontoauszüge als Belege vorlegte. Der Ehemann war der sicheren Überzeugung, dass die Ehefrau darüber hinaus bei der gleichen Bank noch ein weiteres Sparkonto führte, welches in der Auskunft nicht enthalten war. Unseren Antrag, der Ehefrau im Rahmen des Beleganspruches aufzugeben, eine vollständige Saldenmitteilung der Bank vorzulegen, wies das Amtsgericht mit der Begründung zurück, die Ehefrau sei nicht verpflichtet, Belege erstellen zu lassen.
Ich denke, jeder von uns war bereits schon damit konfrontiert, dass der eigene Mandant erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der Auskunft des anderen Ehegatten hatte. Was spräche eigentlich dagegen, wenn in derartigen Fällen der Auskunftsgläubiger – oder das Gericht – die Möglichkeit hätte, entsprechende Auskünfte einzuholen und Belege zu beschaffen?
Was spräche nach Ihrer Auffassung dagegen, dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, das Bundeszentralamt für Steuern zu ersuchen, bei den Kreditinstituten einen sogenannten Kontenabruf zum Stichtag durchzuführen? Während ein solcher Kontenabruf früher nur den Finanzämtern, später dann auch den Sozialleistungsträgern eröffnet war, haben seit 2013 auch die Gerichtsvollzieher die Möglichkeit, gemäß § 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO einen solchen Kontenabruf im Rahmen der Zwangsvollstreckung vorzunehmen. Warum kann im Rahmen der Zwangsvollstreckung ein solcher Kontenabruf erfolgen, nicht aber im Rahmen der Begründung eines Anspruchs?
Was spräche nach Ihrer Auffassung dagegen, dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, von dem jeweiligen Kreditinstitut eine Saldenbestätigung zu dem jeweiligen Stichtag anzufordern, wenn sich herausstellt, dass Konten verschwiegen wurden?
Was spräche nach Ihrer Auffassung dagegen, dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, bei Versicherungsunternehmen anzufragen, ob zu dem jeweiligen Stichtag Kapital-Lebensversicherungen für den Auskunftsschuldner bestanden?
Derartige Möglichkeiten wären im Familienrecht auch nicht vollständig neu: Bereits in § 236 FamFG sind – für Verfahren in Unterhaltssachen – verfahrensrechtliche Auskunftspflichten Dritter normiert.
Denken Sie nicht auch, dass allein diese Möglichkeiten zu mehr Ehrlichkeit führen könnten? Ihre Meinung interessiert mich, schreiben Sie mir gerne, was Sie dazu denken: j.schausten@asp-rechtsanwaelte.de
Autor: Jochem Schausten
Jochem Schausten, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Krefeld
FF 3/2017, S. 89